ERMiTTLUNGEN / Nach der Schlägerei am Musikfestival im luzernischen Hochdorf
Die Kantonspolizei Luzern vermutet die Urheber einer überfallartigen Schlägerei vom Samstag abend in Hochdorf im rechtsradikalen Milieu. DiePolizei hat gestern zur Klärung des Falls eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Bei der Aktion wurden mehrere Personen verletzt sowie Mobiliar undAnlagen zerstört.
Autor: UELI BACHMANN, LUZERN
Rund 150 Personen waren am Samstagabend im luzernischen Hochdorf zum «Festival für Völkerfreundschaft» gekommen. Eineinhalb Stundennach Beginn des Benifizkonzert, das in Zusammenarbeit mit der Antifaschistischen Aktion (Antifa) organisiert worden war, wurde das Lokalplötzlich von rund dreissig Männern gestürmt. Die in Bomberjacken und Kampfstiefel gekleideten sowie mit Strickmützen vermummten Männerwaren nach Angaben von Augenzeugen mit Baseballschlägern, Messern und Pfefferspray bewaffnet.
Ein harter Kern der Gruppe schlug alles, was ihnen in die Quere kam, kurz und klein. Personen, die zufällig «im Weg standen», wurdenangegriffen. Leerstehende Flaschen wurden als Wurfgeschosse benutzt. Nach der offenbar vorbereiteten Aktion, die nur knapp fünf Minutendauerte, zeigte sich ein Bild der Verwüstung: Mobiliar und auch die Musikanlage waren zerstört. Mehrere Personen bluteten nach dem Angriff undmussten in Spitalpflege gebracht werden.
Polizei zu spät an Ort?
Die Polizei traf erst nach Abzug der Schlägertruppe ein. Sie nahm vorübergehend fünf Männer und zwei Frauen fest, denen aber die verübtenStraffälle nicht nachgewiesen werden konnten, wie Daniel Bussmann, Chef der Luzerner Kriminalpolizei, gestern auf Anfrage erklärte. Vorwürfe,wonach die Polizei zu spät eingetroffen sei oder angebliche Hinweise auf einen Überfall nicht ernstgenommen habe, wies er zurück. DieNachforschungen der Polizei liefen jetzt aber auf Hochtouren. Die Täterschaft stamme schwergewichtig aus dem rechtsradikalen Milieu, sagteBussmann. Namentlich zwei Personen sollen dem Umfeld von Rechtsradikalen aus Stadt und Agglomeration Luzern angehören.
Für die Veranstaltung war mit einem Plakat geworben worden, das ein gespaltenes Hakenkreuz und die Aufschrift «Nie wieder Faschismus» trug.Vor dem Konzert war die Türe des Saals mit einem Hakenkreuz besprayt worden. Laut Polizei wollen verschiedene Personen vombevorstehenden Überfall gewusst haben.
Skinhead-Gruppen in Luzern
In Luzern gibt es seit über zehn Jahren rechtsradikale Skinhead-Gruppierungen mit unterschiedlicher personeller Zusammensetzung. JournalistHans Stutz, Beobachter der Neonazi-Szene, weiss auch von zwei Luzernern, die eine führende Rolle bei der Schweizer Hammer-Skins (SHS)spielen. Diese Neonazi-Gruppe hat schon drei Treffen in Emmen durchgeführt und auch das internationale Neonazi-Treffen am Alpnachersee imJuli 1994 und dieses Jahr in Schönenwerd organisiert.
Einige der Luzerner Rechtsradikalen standen nachweislich auch in Verbindung mit dem Schwyzer Marcel Strebel, dem ehemaligen Führer derPatriotischen Front (PF). «Uns sind diese Gruppierungen bekannt», sagte Kripo-Chef Bussmann, «bis jetzt aber sind sie mit solchen Aktionenwie in Hochdorf nicht aufgefallen.» Überfälle dieser Art gab es in Luzern früher auch, doch liegen sie über vier Jahre zurück. Auch war noch nieeine Gruppe von dieser Grösse beteiligt wie jetzt in Hochdorf.