Braune Geschmacklosigkeiten

WochenZeitung

Sigi Feigel hat in seinem Leben viel antisemitische Post erhalten, anonyme und unterschriebene. Auch nach seinem Tod meldeten sich RassistInnen und RechtsextremistInnen auf den einschlägigen Deutschschweizer Internetsites unverzüglich zu Wort. Der «Oberjude» sei gestorben, verkündet auf der «Patriot- Site» der «STAFF Leader SNAP». «Mir liegt was auf der Zunge», schreibt er – was genau, lässt er allerdings offen. Andere deutschen aus, was der «Patriot»-Exponent andeutet. Den einen kann Feigels Tod «nicht berühren», er sehe allerdings bereits die Zeitungsberichte, «wo all die Heuchler und Kriecher dem Feigel nochmals kräftig in den (kalten) Arsch kriechen». Besonders verhasst ist Feigel wegen seines Einsatzes für die Rassismus-Strafnorm. Feigel habe, so ein weiterer Schreiber, «ja in seiner Laufbahn diverse hinter Gitter gebracht, vor allem Schweizer». Nun solle sich der Schweizerische Israelitische Gemeindebund einen «neuen Staranwalt» suchen, «der alle bösen Patrioten vor Gericht verklagt und einbuchtet».

Bereits am Sonntag schreibt der rechtsextremistische Informationsdienst «Freie Stimme»: «Über Tote soll man nur Gutes sagen – gut, dass er tot ist.» Der Schriftleiter der «Freien Stimme» behauptet zwar scheinheilig, diese Redewendung stehe «keinesfalls im Zusammenhang mit Feigel», doch taucht die identische Verwünschung bereits am Sonntagmorgen ohne jegliche Distanzierung auch im Forum der Schweizer Hammerskinheads (SHS) auf. «Hat er jemals zur Schweiz gehört? Verliert die Schweiz etwas oder gewinnt sie eher?», kommentiert hier ein weiterer Schreiber die Agenturmeldung, dass die Schweiz «einen Kämpfer gegen Rassismus und Antisemitismus» verloren habe. Und ein Dritter weiss auch bereits, wen er als Nächstes unter dem Boden sehen möchte: «Also Hansi Stutz und Samiel Altstoff (gemeint ist Samuel Althof) bitte machts ihm doch nach!» Und überhaupt scheint den rechten Hassern, Feigels Tod sei ein Grund zum Feiern. So schreibt ein Hammerskin: «Schon als Bubis starb waren wir am Feiern, und jetzt, wo Sigi den Löffel abgab waren wir schon wieder mit Party beschäftigt.» Auch die antisemitische Vorstellung vom «geldgierigen Juden» fehlt im SHS-Forum nicht; Feigel, der nun die «Mörchen von unten zähle», solle «Zahngold nicht vergessen. Sind immerhin auch noch ein paar Franken …»

Doris Angst von der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus sagt gegenüber der WOZ, es sei wichtig, solche Äusserungen an die Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (Kobik, www.cybercrime.admin.ch) im Bundesamt für Polizei zu melden – auch wenn sie, bei aller Geschmacklosigkeit und Ehrverletzung, vermutlich nicht gegen das Antirassismusgesetz verstiessen.

Hans Stutz