Burgdorf ist kein Hort für Rechtsextreme, stellt ein Konfliktexperte fest

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Studie korrigiert schlechten Ruf

In Burgdorf gibt es nicht mehr Gewalt als anderswo. Die Stadt befindet sich aber am Übergang zu einer Agglomerationsstadt und will Massnahmen ergreifen.

Anita Bachmann

«Burgdorf ist eine friedliche Stadt.» Zu diesem Schluss kommt eine von der Stadt in Auftrag gegebene Situationsanalyse. Im April 2006 erregte eine Gewalteskalation in der Altstadt Aufsehen, in der auch Rechtsextreme verwickelt gewesen sein sollen. Der Gemeinderat beauftragte daraufhin einen Experten für Jugendgewalt, Allan Guggenbühl, die Situation in der Emmenstadt zu untersuchen. Der Vorfall habe schweizweit eine unverhältnismässige mediale Resonanz erhalten, sagte Gemeinderätin Beatrix Rechner an der gestrigen Medienkonferenz, an der die Analyse vorgestellt wurde. «Das hat unserem Ruf geschadet», so Rechner.

Guggenbühl und das Institut für Konfliktmanagement und Mythodrama befragte 20 Schlüsselpersonen in Burgdorf zur Problematik Gewalt. «In Burgdorf gibt es nicht mehr Gewalt als in anderen vergleichbaren Städten», sagte Guggenbühl aufgrund der Interviews. Der zweite wichtige Punkt war die Frage nach politisch motivierter Gewalt. Zwar gebe es in Burgdorf verschiedene Gruppierungen, die sich mit spezifischen Abgrenzungsmerkmalen oder provokativen politischen Äusserungen in Szene setzten, aber «Burgdorf ist kein Hort rechtsextremer Gewalt», erklärte Guggenbühl.

Um das Burgdorfer Nachtleben zu erkunden, schickte der Konfliktexperte eine Gruppe Jugendlicher auf Erkundungstour, darunter einen Dunkelhäutigen. Dabei kam es zu einem Zwischenfall: Der dunkelhäutige Jugendliche wurde auf einer Toilette eingesperrt, währenddem es im Lokal zu rassistischen Äusserungen kam, steht im Bericht zur Analyse geschrieben.

Burgdorf ist im Wandel

Obwohl es in Burgdorf Gruppierungen gäbe, die auch Mitglieder aus Langenthal, Langnau oder den Dörfern im Emmental rekrutierten, seien diese kaum strukturiert und verfügten weder über ein politisches Programm noch über Hierarchien. Vielmehr biete die ländliche Kleinstadt aufgrund des begrenzten Raums Konfliktpotenzial. Die Gruppierungen würden eher zufällig aufeinander treffen, wobei es zu Eskalationen kommen könne, heisst es in der Analyse. «Burgdorf wandelt sich von der ländlichen Kleinstadt zu einer Agglomerationsstadt», sagte Guggenbühl. Solche Übergangsphasen würden eben auch Krisen bergen.

Aus den von Guggenbühl vorgeschlagenen Massnahmen will sich die Stadt Burgdorf vorerst auf drei konzentrieren: Am 5. September soll öffentlich über die Analyse informiert werden, und für die Schulsozialarbeiter, Jugendarbeiter und die Polizei soll ein einheitliches Ausbildungskonzept erstellt werden. Zudem soll an einem Aktionstag die Stadt von den Jugendlichen übernommen werden. Einen Tag lang sollen sie alle Aufgaben vom Strassenputzen bis zum Suppeservieren im Restaurant erledigen.