Rechtsextremer Missbrauch

TagesAnzeiger

Rechtsextreme mobilisieren für eine «Demonstration gegen Kinderschänder» – trotz Verbot und gegen den Willen der Familie der ermordeten Ylenia.

Von Thomas Knellwolf

Für kommenden Samstag rufen rechtsextreme Gruppen zu einer unbewilligten Kundgebung in Appenzell auf. Sie planen, sich unweit der Stelle zu versammeln, an der die fünfjährige Ylenia zum letzten Mal lebend gesehen wurde. Das Schicksal des entführten und ermordeten Mädchens bewegte viele Menschen im Land. Ursprünglich hatte der Appenzeller Bezirksrat die «Demonstration gegen Kinderschänder und gegen Gewalt an Kindern» erlaubt. Die Gemeindebehörde widerrief die Bewilligung aber, als bekannt wurde, dass vorab Rechtsextreme hinter dem Kundgebungsaufruf stehen. Die Begründung lautete, dass die Trauerarbeit nicht zusätzlich belastet werden solle. Der Bezirksrat befürchtete auch Ausschreitungen. Die vom Schicksal schwer geprüfte Familie Ylenias distanzierte sich von der Kundgebung.

Trotzdem erfolgten in den letzten Tagen auf Homepages der rechtsextremen Szene aktualisierte und neue Demonstrationsaufrufe: So wirbt eine bislang nicht in Erscheinung getretene «Freie Nationale Kameradschaft Schweiz-Germania» in ihrer Agenda für das «Kampfjahr 2007» für die «offizielle und bewilligte Demonstration». Gleiches tut der «Kampfbund Nationaler Aktivistinnen», der den «rückwirkenden» (sic!) Entscheid der Appenzeller Behörden für «feige und antidemokratisch» hält. Geleitet wird der Kampfbund von Denise Friederich, einem Vorstandsmitglied der Partei National Orientierter Schweizer. Pnos-Sektionen machen ebenfalls auf die Kundgebung aufmerksam.

«Für Aufruhr sorgen»

Auf der Homepage der Veranstalter wiederum erfolgt die Aufforderung, «nicht allzu extrem gekleidet» in Appenzell zu erscheinen: «Wir werden auch schon so genug für Aufruhr sorgen.»

«Wir haben Kenntnis von den Aufrufen zu einer illegalen Demonstration», sagt der Appenzeller Justiz- und Polizeidirektor Melchior Looser. «Wir überlassen nichts dem Zufall und werden einschreiten, falls jemand bei uns aufmarschieren will.» Trotzdem kündigen die Demoorganisatoren an, dass sie nach Appenzell fahren wollen – rechtschreiberisch nicht ganz korrekt: «Sollte die Demo aus unerfintlichen Gründen nicht stattfinden, bitten wir alle eine Blume beim Gemeindehaus nieder zu legen und dies zum gedenken Aller der zum Opfer gefallenen Kinder!»