SCHÜSSEL-BESUCH / Der Besuch von Österreichs Kanzler Schüssel vom Freitag wirft seine Schatten voraus: Bereits für morgen Abend rufen Antifa-Linke zu einer Demonstration auf – ohne Bewilligung. Und am Besuchstag wird auf dem Bundesplatz erneut protestiert.
rg. Demonstranten pfiffen,Knallpetarden detonierten, Eier flogen: Als Österreichs Aussenministerin BenitaFerrero-Waldner am Montag am Europa-Forum in Luzern Bundespräsident Adolf Ogis Handschüttelte, protestierten vor demKongresszentrum rund 300 Menschen. Bereits am 8. März, als Ferrero zum Antrittsbesuch in Bern erschien – und damals, als kleines Zeichen der Distanzierung der offiziellen Schweiz, noch nicht vom Bundespräsidenten begrüsst wurde -, protestierte das Europäische Bürgerforum Schweiz vorm Bundeshaus, und 300 Menschen folgten dem Aufruf des linken Berner Bündnisses «Alle gegen rechts» zu einer unbewilligten, aber friedlich verlaufenen Demonstration durch die Innenstadt. Schon damals war klar: Ferrero, die von der Schweiz als erstem Land in Westeuropa offiziell empfangen wurde, gab den Auftakt zu linken Protesten – doch wenn Wolfgang Schüssel kommt, dann wird erst richtig mobilisiert.
Sicherheit: Alarmstufe «hoch»
Jetzt also kommt Bundeskanzler Schüssel, dessen konservative Volkspartei (ÖVP) den Rechtsaussen-Freiheitlichen (FPÖ) von Jörg Haider zur Regierungsbeteiligung verholfen hat. Für Freitagmorgen wird Schüssel zum eintägigen Arbeitsbesuch erwartet. In Bern selber dürfte sich der Gast indes voraussichtlich nur kurz, ja vielleicht gar nicht aufhalten, denn seine Visite wird sich vor allem auf dem bundesrätlichen Landsitz Lohn in Kehrsatz abspielen. Bereits gegen Abend wird Schüssel die Schweiz wieder verlassen, wie Ruedi Christen, Sprecher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten, erklärte. Die Sicherheitsdienste stufen den Schüssel-Besuch vom Sicherheitsbedürfnis her als «hoch» ein, wie Danièle Bersier vom Bundesamt für Polizeiwesen auf Anfrage sagte, ohne Weiteres verraten zu wollen. Das Sicherheitsdispositiv sei «in etwa» mit demjenigen anlässlich der Ferrero-Visite zu vergleichen.
«Ungewissheit» wegen Antifa
Auf alle Eventualitäten gefasst ist auch die Stadtpolizei Bern, die dieser Tage nicht zuletzt auch verstärkt «ein Auge» auf Österreichs Botschaft wirft, wie Sprecher Rolf Spycher sagte. «Ganz klar» werde die Polizei vor allem auch morgen Abend mit einem stärkeren Aufgebot bereit stehen, um auf allfällige Ausschreitungen «situativ zu reagieren». Es sei zwar «eher eine gewöhnliche Demo» zu erwarten, jedoch sei «angesichts der Thematik und der Brisanz des Umfelds» mit «Ungewissheiten» zu rechnen. Für morgen Abend mobilisiert nämlich Berns Bündnis «Alle gegen rechts», das insbesondere von der linksradikal-autonomen Antifaschistischen Aktion (Antifa) getragen wird, zur Demonstration unter der Losung «kein Empfang für dieses Österreich». Dieser Umzug ist aber nicht bewilligt; es wurde dafür gar nicht erst ein Gesuch gestellt, wie Spycher dazu sagte. Die «Aktionswoche gegen die Achse Bern-Wien» startet bereits heute Abend: Organisiert vom Europäischen Bürgerforum wird im Reitschule-Kino ein Film gezeigt, der «den braunen Sumpf, aus dem Jörg Haider stammt», zum Thema hat. Es gelte, für ein solidarisches und soziales Europa einzutreten, so die Veranstalter; rechte Politik à la Haider, aber auch etwa im Stile Christoph Blochers, bezwecke die «Zerstörung der Werte einer solidarischen Gesellschaft», heisst es.
Juso rufen zu Kundgebung auf
Am Besuchstag dann findet auf dem Bundesplatz eine Platzkundgebung statt, zu der die JungsozialistInnen Schweiz (Juso) aufrufen – unterstützt namentlich von SOS Rassismus, Asylkoordination und Bewegung für offene, demokratische, solidarische Schweiz sowie von Grünen, PdA-Sozialisten und der Gewerkschaft VPOD. An der bewilligten Platzkundgebung (Motto «Kein Handschlag mit dem Rassismus») soll ein «offenes Mikrofon» eingerichtet werden, an dem sich alle äussern können. Dem Vernehmen nach wollen auch Vertreterinnen und Vertreter des «anderen Österreich» reden.