Die Courage ist nicht verloren

BernerZeitung

Nach den jüngsten rechtsextremistischen Vorfällen haben sich einige gefragt: Was ist aus der Aktion Courage geworden? Hier ist die Antwort: Ihre Aufgaben sind dem gggfon übertragen worden.

Exponenten der rechten Szene treffen sich regelmässig in einem Gewerbehaus in Burgdorf, ein Musikraum in der ehemaligen Hefefabrik Hindelbank dient den Rechten als Treff – und zweimal reagieren die Liegenschaftsbesitzer rasch und stellen die Mieter vor die Tür. Am letzten 1. Mai schliesslich wollen sich die Rechten nach Zusammenstössen in Solothurn in Burgdorf treffen, doch die Polizei kommt ihnen zuvor. Die Vorfälle sorgen in den Medien immer wieder für Schlagzeilen.

Häufen sich in der Region Burgdorf die rechtsextremistischen Aktivitäten? Oder ist das am Ende eine subjektive Wahrnehmung? Die Kantonspolizei schreibt auf Anfrage, dass im Raum Burgdorf/Oberaargau in den letzten Jahren immer eine recht hohe Aktivität der rechtsextremen Szene festzustellen war, dass aber «eine spezielle Zunahme in letzter Zeit nicht ersichtlich ist». Man verfolge Straftaten im Bereich Extremismus sehr konsequent, heisst es weiter. Nicht zuletzt wegen der hohen Aufklärungsquote im rechtsextremen Bereich dürften die von dort ausgehenden Gewalttaten zurückgegangen sein. Die Szene werde beobachtet, und es werde versucht, einzelne Exponenten aus der Anonymität herauszuholen, auch mit Hilfe von Personenkontrollen.

Die ganze Region

Als vor vier Jahren die Zahl der Übergriffe Rechtsextremer in Burgdorf zunahmen, entstand die Aktion Courage. Mit gemeinsamer Stärke wollte man gegen gewaltbereite Schläger, Vandalismus und Rassismus vorgehen. Mehr als 1500 Personen unterschrieben den Aufruf unter dem Motto «einmischen und nicht wegschauen».

Doch nun ist es um diese Bewegung ruhig geworden. «Die Aktion ist damals aus dem Moment heraus entstanden, und sie war sehr wichtig», blickt die Burgdorfer Jugendbeauftragte Andrea Staub zurück. Die Ressourcen der Aktion seien aber begrenzt gewesen. So habe man nicht auf Fachpersonen zurückgreifen können. «Und Courage lebt nicht von Burgdorf allein. Das Thema geht die ganze Region an.»

Deshalb sind die Aufgaben von Courage vor gut einem Jahr dem gggfon – der Informations- und Beratungsstelle «gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus» aus der Region Bern – übertragen worden. «Als Mitglied können wir kostenlos auf eine Fachperson zurückgreifen», nennt Staub einen wichtigen Vorteil. Dem gggfon sind 40 Trägergemeinden angeschlossen, davon 15 aus der Region Burgdorf. Sie sind allesamt überzeugt, dass Gewalt und Rassismus überall auftauchen können und deshalb gemeinsames Handeln nötig ist. Jede Gemeinde zahlt 15 Rappen pro Einwohner.

Keine Plattform geben

gggfon-Projektleiter Giorgio Andreoli hat in den letzten zwei Jahren festgestellt, dass sich die rechte Szene besser organisiert hat und selbstsicherer auftritt. «Es hat deswegen nicht mehr Übergriffe gegeben, aber auch nicht weniger», sagt er. Wichtig sei, dass das Thema Rechtsextremismus öffentlich gemacht und darüber diskutiert werde.

Sie sei in den letzten Wochen gleich mehrere Male auf die jüngsten Vorfälle angesprochen worden, ergänzt Andrea Staub. «Wir sind sensibilisiert und verfolgen das Ganze sehr aufmerksam. Das Thema wird sicher nicht unter den Tisch gewischt.» Deshalb gebe es einen ständigen Kontakt mit den politischen Behörden, damit beispielsweise keine Räumlichkeiten an Rechtsextreme vermietet würden.

Regelmässig Probleme

Andrea Staub kommt auf das Burgdorfer Jugendhaus zu reden, wo es in letzter Zeit regelmässig zu Sachbeschädigungen gekommen ist. Deshalb habe sich der Verein NestBau, der Betreiber des alternativen Kulturraumes «El Beledia», beim gggfon gemeldet, sagt sie – nicht ohne zu unterstreichen, dass man die Urheber nicht kenne und niemanden vorverurteilen dürfe.

In diesen Tagen findet nun ein Treffen zwischen den NestBauern, der städtischen Sicherheitsdirektion und einer Fachperson des gggfon statt, damit das Problem diskutiert und nach Lösungen gesucht werden kann.