nach dem anschlag auf «solterpolter»

BernerZeitung

«Politiker unterschätzen die rechte Gefahr»

Der «Solterpolter»-Täter ist gefasst. Die rechte Gefahr aber nicht gebannt. Berns Polizeikommandant Christoph Hoffmann und Fritz Schlüchter vom Stapo-Informationsdienst über Gewalt von rechts.

*Interview: Bernhard Giger Jürg Spori

BZ: Hat die Polizei den 22-jährigen Mann, der in Ittigen festgenommen wurde, vorher schon gekannt?
Fritz Schlüchter: Er war uns bekannt, obschon er nicht in der Stadt Bern wohnt.

Als einer, der in einer rechtsextremen Organisation aktiv ist?
Schlüchter: Ja.

In welcher Organisation?
Schlüchter: Das ist schwierig zu lokalisieren. Heute ist eine Gruppe unter diesem Namen bekannt, morgen unter einem anderen. Aber Tatsache ist, dass er verschiedentlich aufgefallen ist.

War diese Kenntnis mit ein Grund, dass Sie ihn so schnell fassen konnten?
Christoph Hoffmann: Die Festnahme erfolgte vor allem aufgrund von Hinweisen aus dem Umfeld des Täters.

Die Polizei geht davon aus, dass der Mann nicht allein handelte. Wie kommen Sie darauf?
Hoffmann: Beim Tatort wurde ein jeepähnliches Fahrzeug gesehen. Jemand muss den Mann dorthin geführt und wieder weggefahren haben. Das muss ein Kollege oder ein Komplize sein.

Wie gut kennt die Polizei über diesen aktuellen Fall hinaus die rechtsextreme Szene in Bern?
Hoffmann: Beim Informationsdienst der Stadtpolizei legen wir ein grosses Schwergewicht auf die rechtsextreme Szene. Wir kennen diese Szene recht gut. Die Schwierigkeit ist, dass sie ständig unter neuen Namen auftritt. Sie ist nicht in feste Organisationen aufgeteilt, die man dann einfach in einer bestimmten Schublade ablegen kann.

Beschränken sich die Aktivitäten dieser Leute auf Bern, oder agieren sie grossräumiger?
Hoffmann: Wir stellen immer wieder fest, dass nicht die StadtBern das eigentliche Zentrum ist, sondern oft die Agglomeration. Auch die Veranstaltungen der Rechtsextremen finden ja oft in ländlichen Gegenden, zum Beispiel im Aargau, im Thurgau oder im Kanton Luzern statt. Die Städte sind nicht das Zentrum – zumindest nicht bei den Aktivitäten, wahrscheinlich aber auch nicht vom Wohnsitz der Aktivisten her.

Seit wann wird die Szene von der Polizei genauer beobachtet?
Schlüchter: Seit mehreren Jahren haben wir einen Auftrag des Bundes. Aber die Tendenz zu vermehrter Aktivität dieser Kreise haben wir schon vorher bei verschiedenen Vorfällen festgestellt.

Zum Beispiel bei Sportveranstaltungen?
Schlüchter: Ja, in der Stadt Bern haben rechtsextreme Vorfälle vor allem im Bereich von Sportveranstaltungen angefangen. In erster Linie beim Fussball, danach aber auch im Eishockey.

Ereignen sich diese, wie Sie sagen, Vorfälle regelmässig?
Hoffmann: Neben den Vorfällen bei «Solterpolter» gibt es immer wieder Rencontres irgendwo in der Stadt zwischen Rechts- und Linksextremen. Solche Auseinandersetzungen zum Beispiel im Gebiet das Bahnhofs sind nicht gerade an der Tagesordnung, aber sie häufen sich seit einiger Zeit. Wer dann jeweils anfängt, ist nicht klar. Die beiden Gruppierungen stehen sich plötzlich gegenüber und es kommt zu einer Keilerei. Das bekommen auch die Polizeipatrouillen nicht immer mit. Manchmal werden sie gerufen, manchmal sind sie gerade in der Nähe.