Im April 2005 häuften sich in Wangen wüste Schlägereien und Vandalenakte. Die damals eingesetzte Projektgruppe «Respekt at Wangen» zieht Bilanz: «Die Gewalt ist seither zurückgegangen», sagt Kantonspolizist Christian Egli.
Schlägereien zwischen ausländischen Jugendlichen und Rechtsextremen , rassistische Schmierereien und Vandalismus: Im Frühling 2005 gab es in Wangen Vorfälle von Gewalt und blinder Zerstörungswut. Das sorgte für Kopfschütteln im Städtli.
«Liegt das Problem wirklich nur bei den Jugendlichen?», fragt Susann Gruner, Projektleiterin von «Respekt at Wangen». «Dort sieht man es bloss», meint sie. «Aber die Jungen leben auch nur ein Verhaltensmuster, das ihnen im Alltag entgegenkommt.» Irgendwo habe das Problem einen Ursprung. Um an diesen zu gelangen, richtet sich «Respekt at Wangen» an die gesamte Bevölkerung.
Die Projektgruppe, die durch Präventionsarbeit der Gewalt entgegenwirken soll, besteht seit zwei Jahren. Susann Gruner zieht Bilanz: «Unsere Arbeit hat viele Diskussionen ausgelöst. Ich denke, dass sich jetzt mehr Leute Gedanken machen über ein respektvolles Zusammenleben.»
Eine Frage der Ehre
358 Personen unterzeichneten letztes Jahr einen Ehrenkodex, der dazu beitragen soll, «dass der respektvolle Umgang miteinander wieder eine Selbstverständlichkeit wird». Kindergärtler zeichneten Bilder, und Schulkinder schrieben Aufsätze über ihre Vorstellung des Zusammenlebens. Ein Flyer mit Tipps für Eltern zu Ausgang, Partys und Alkohol wurde in alle Haushalte verteilt.
Ob es heute weniger Gewalt gibt in Wangen, sei schwierig zu sagen. «Vor zwei Jahren häuften sich Vorkommnisse massiv», erinnert sich Susann Gruner an die Geburtsstunde der Projektgruppe. «Die Vorfälle ereignen sich wellenartig, es hat sie immer gegeben und wird sie immer geben; aber wir wollen die Wellen verflachen.»
Gewalt hat abgenommen
Dass dies gelungen ist, glaubt auch Christian Egli, Bezirkschef der Kantonspolizei Bern. «Die Gewalt ist seither zurückgegangen», sagt Egli. «Dank regelmässigen und gezielten Kontrollen können wir die Situation gut überblicken.» Szenen wie vor zwei Jahren seien nicht mehr vorgekommen, oft beobachte er aber Gewaltbereitschaft, wenn Alkohol im Spiel ist.
Susann Gruner sieht das Problem im Alltag: «Ich habe den Eindruck, dass es oft an Respekt fehlt.» Deshalb gehe es der Arbeitsgruppe auch nicht darum, ein grosses Projekt auf die Beine zu stellen, «welches schnell vergessen wird». Vielmehr sei es wichtig, kleine Verhaltensregeln bewusst zu machen, «alltägliche Sachen, die selbstverständlich scheinen, aber nicht mehr selbstverständlich sind», sagt die Gemeinderätin und Leiterin des Ressort Soziales.
Projekt für ganze Region?
Die Projektgruppe entwarf dieses Jahr ein Plakat für mehr Eigenverantwortung: einer der fünf Punkte des Ehrenkodex. «Dieser Kodex ist das Gerüst unserer Arbeit und wurde zusammen mit der Bevölkerung ausgearbeitet», sagt Susann Gruner. Jedes Jahr soll ein Thema die Projektarbeit bestimmen. Als Nächstes ist ein Elternbildungsabend im November geplant.
Die Arbeitsgruppe «Respekt at Wangen» bleibt weiter bestehen. «Meine Vision wäre, das Projekt auf die Region auszuweiten und mit anderen Gemeinden zusammenzuarbeiten», wünscht sich Gruner. «Was wir erarbeitet haben, soll auch für andere Gemeinden offenstehen.» Eine Zusammenarbeit sei wichtig, da nicht alle Jungen, die im Städtli Radau machten, aus Wangen stammen.