Ein massives Polizeiaufgebot soll in der Innerschweiz am 1. August Zusammenstösse verhindern
Für die 1.-August-Feier auf dem Rütli braucht es ein Gratis-Ticket mitPersonalangaben. Auch werden nur noch 2300 Besucher zu-gelassen.Dadurch erhofft sich die Rütlikommission eine von Rechtsextremenungestörte Bundesfeier.ueli bachmann/luzern
Vor sechs Jahren wurde der damalige Bundespräsident KasparVilliger bei seiner 1.-August-Ansprache auf dem Rütli von einem DutzendRechtsextremer ausgebuht. Solche Buhrufe wurden auch in denfolgenden Jahren toleriert. Doch letztes Jahr eskalierte die Situation:Rund 700 Rechtsextreme – so viel wie noch nie – unterbrachenmehrfach die Rede von Samuel Schmid; der Bundespräsident wurdebeleidigt und mit Vorwürfen eingedeckt. Die Rütlikommission, welche dieFeier an dem geschichtsträchtigen Ort organisiert, sah sich mitVorwürfen konfrontiert, sie habe zu gutgläubig gehandelt.
Nach der Feier konnten die Neonazis in Brunnen trotz Verbotunbehelligt weiter demonstrieren. Zu einer Konfrontation mitLinksextremen, die in Luzern demonstrierten, kam es nicht.
Das Rütli abriegeln
Um den erneuten Aufmarsch von Neonazis auf der Rütliwiese zuverhindern, will die Rütlikommission eine Reihe von Massnahmenergreifen. So werden nur 2300 Besucher zur Feier zugelassen, rund dieHälfte von ihnen werden wie üblich geladene Gäste sein. Diese und alleanderen Interessierten müssen sich um eine fälschungssichereEintrittskarte bemühen. Darauf sind Name, Adresse und Geburtsdatum desInhabers verzeichnet. Die Tickets sind gratis. Sie können bei derSchweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) per Post oderInternet beantragt werden. Mit der Unterschrift bestätigen dieAntragsteller ihre Bereitschaft, die geltende «Hausordnung» auf demRütli zu beachten. Pro Antragsformular können maximal acht Kartenbestellt werden. Ob über Internet nur die Antragsformulare oder dieKarten direkt bezogen werden können, ist noch offen. «Wir wollen 2006eine ungestörte und würdige Bundesfeier. Dies ist nicht ohne besondereMassnahmen möglich», sagte Judith Stamm, Präsidentin der SGG und derRütli-Kommission, gestern an einer Medienkonferenz in Luzern. Zuständigfür die Vergabe der Tickets ist die SGG; die Kontrollen vor Ort werdenvon der Polizei durchgeführt. Wer kein Ticket hat, wird zurückgewiesen.Wie der zuständige Einsatzleiter, der Luzerner Polizeikommandant BeatHensler, erklärte, erfolgen die Kontrollen auch in Brunnen, demAusgangspunkt für die Schiffsfahrt zum Rütli. Über Seelisberg wird derZugang nur ausnahmsweise gewährt.
Konfrontation andernorts
Um Rechtsextreme unter den Antragstellern auszumachen, wirdder Staatssicherheitsdienst eingeschaltet. Dazu braucht es laut Hensleraber die Zustimmung des Bundesamts für Polizei. Wie SGG-GeschäftsleiterHerbert Ammann erklärte, wird die Vergabe der Karten nachrechtsstaatlichen Regeln erfolgen. Die Formulare sollen nur imEinzelfall dem Staatssicherheitsdienst zur Prüfung vorgelegt werden.Ammann glaubt, dass es der SGG möglich ist, mit den Massnahmen dieTeilnahme von Rechtsextremen zu verhindern. Hans Stutz, Kenner derrechtsextremen Szene, geht davon aus, dass mit dem Kartensystem derZugang zur Wiese erschwert wird. Es sei aber mit einer Verlagerung derKonfrontation an andere Schauplätze zu rechnen.
Fest steht: Die Polizei wird am 1. August mit einem massivenAufgebot in der Innerschweiz präsent sein. Wie viele Polizisten imEinsatz stehen werden, wird aus taktischen Gründen nicht bekannt.Gemäss Radioberichten soll zudem die Armee zur Überwachung desLuftraums beigezogen werden.
Rauh als Festredner
Festredner auf dem Rütli ist Swisscom-VerwaltungsratspräsidentMarkus Rauh. Dieser sei ein Unternehmer mit ausgeprägtem sozialenGewissen. Zudem habe er etwas zur Lage der Schweiz zu sagen, sagteJudith Stamm. Bundespräsident Moritz Leuenberger hatte auf eineTeilnahme verzichtet. Die Vorfälle mit Neonazis hätten diesen Entscheidnicht beeinflusst, teilte sein Departement mit. Der Bundesrat wolltemit dem Verzicht der Rütlifeier kein besonderes Gewicht verleihen.