Nach unbewilligtem Aufmarsch in Langenthal fordert die PNOS das Recht auf bewilligtes Demonstrieren
Die nationalen Sozialisten von der PNOS (Partei National Orientierter Schweizer), welche die «parlamentarische Scheindemokratie» samt Parteienvielfalt und Pressefreiheit abschaffen wollen, pochen auf ein Grundrecht eben dieser freiheitlichen Gesellschaft: Demonstrieren. Als letztes Jahr am 1. Mai rund 200 Rechtsradikale unbewilligt in Langenthal aufmarschierten, war dies nämlich Folge einer veritablen Verbotskaskade: Denn während etwa ihre linken Antifa-Gegner in Bern seit 2001 unbewilligt demonstrieren, weil sie auf Bewilligungsweg und Dialog mit den Behörden pfeifen, hatte die PNOS seit 2000 in Solothurn, Olten, Bern, Baden, Liestal, Frauenfeld und in St. Gallen Bewilligungsgesuche deponiert ? war aber überall abgeblitzt.
Antifas rufen nach Demo-Verbot
Jetzt nimmt die PNOS noch einmal einen Anlauf: Sie hat in Luzern ein Bewilligungsgesuch für eine 1.-Mai-Kundgebung eingereicht, wie PNOS-Landesleiter Jonas Gysin im Gespräch mit dem «Bund» gestern bestätigte. Die Wahl sei auf Luzern gefallen und nicht etwa auf Bern, weil Luzern gross genug sei, um einerseits ein taugliches Sicherheitsdispositiv zu bieten, andererseits jedoch nicht so exponiert sei wie die Zentren, wo die Gefahr, mit linker Gegenwehr zu kollidieren, als Begründung für ein Verbot herangezogen werden könnte. Die meisten PNOS-Demonstrationsverbote wurden bisher mit Sicherheitsbedenken begründet ? zumindest in St. Gallen und in Liestal aber mehr oder minder unverholen auch mit Gesinnungsfragen; man wollte nicht für Nazi-Gedankengut die Strasse her geben.Just darauf pochen jetzt Antifa-Linke: In einem an rund hundert Schweizer Gemeinden versandten Aufruf hat ein «Überregionales Antifa-Netzwerk» gestern die Behörden dazu aufgerufen, PNOS-Demonstrationsgesuche abzulehnen und Neonazis nicht marschieren zu lassen ? weil «die Politik der PNOS auf Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen basiert». PNOS-Chef Gysin, darau angesprochen, erklärte: Werde in Luzern ein Umzug nicht bewilligt, werde man, zumindest fürs Erste, nicht anderswo auftauchen wie im Mai 2004 in Langenthal ? sondern in Lausanne vor Bundesgericht das Demonstrationsrecht für die radikale rechte Opposition einklagen.
Demokratiefeinden die Strasse?
Haben Antidemokraten überhaupt Anspruch auf Demonstrationsfreiheit? Grundsätzlich ja, hielt der Basler Staatsrechtsprofessor Markus Schefer bereits nach dem Langenthaler Marsch im «Bund» fest. Freie Meinungsäusserung sei unteilbares Grundrecht, auch Nazis hätten daher grundsätzlich das Recht auf Strassenkundgebungen, und Demonstrationsverbote seien harte Eingriffe in die Bürgerrechte.
Hirschi gegen Bettler
LANGENTHAL Tobias Hirschi hat am Montag zum zweiten Mal an einer Sitzung des Langenthaler Parlaments teilgenommen ? und sich erstmals bemerkbar gemacht. Hirschi, Mitglied der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS), war letzten Oktober gewählt worden. Er ist schweizweit der erste Vertreter einer rechtsextremen Partei in einem Parlament. Am Montag waren erneut PNOS-Gegner mit Transparenten und Flugblättern präsent.
Der 21jährige Strassenbauer hat zwei Motionen eingereicht: Die erste richtet sich gegen Bettler. Der Gemeinderat soll ein Bettelverbot einführen. An verschiedenen Orten in Langenthal werde «unaufhörlich gebettelt», schreibt Hirschi in der Begründung. Das Verbot soll nur Personen betreffen, «die Geld ohne Gegenleistung verlangen», nicht aber «Strassenmusiker und andere Künstler». Auch Behinderten soll Betteln erlaubt sein, «insofern ihre Behinderung die Ausübung einer ordentlichen Arbeit erheblich erschweren würde».Mit einer zweiten Motion versucht Hirschi, seine Position im Parlament zu verbessern. Da er keiner Fraktion angehört und ihm keine andere Partei freiwillig einen Sitz in einer Kommission abgetreten hat, bleibt ihm die Mitarbeit in diesen Gremien verwehrt. Kommissionssitze sind Gruppierungen mit Fraktionsstärke vorbehalten (mindestens drei Mitglieder). Hirschi fordert nun, auch kleinere Gruppierungen sollten Anspruch auf Kommissionssitze haben. So würden «auch wirklich alle Mitglieder in die Ratsarbeit integriert».Das letzte Wort in dieser Frage hätte ? da das Wahl- und Abstimmungsreglement geändert werden müsste ? das Volk. (db)