«Weniger gewalttätige Attacken»

BernerZeitung

Peter Baumgartner, Chef Kriminalabteilung der Kantonspolizei Bern, äussert sich zum Thema Rechtsextremismus.

Interview: Jürg Spori

Herr Baumgartner, wurde die rechtsextreme Szeneauf dem«Bödeli»seit dem Mord an Marcel von Allmen grösser?

Peter Baumgartner: Nein. Der Kantonspolizei Bern sind aus den letzten zwei Jahren keine Vorkommnisse auf dem «Bödeli» bekannt, welche einer rechtsextremen Szene zugeordnet werden könnten.

Wie hat sich die Situation im gesamten Kanton Bern entwickelt?

Die Anzahl der rechtsextremen Aktivisten im Kanton Bern hat sich in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Der Kantonspolizei Bern sind knapp 200 Rechtsextremisten beziehungsweise Skinheads mit Wohnsitz im Kanton Bern bekannt. Dabei ist eine starke Fluktuation, insbesondere der nicht organisierten Szenengänger, feststellbar.

Wohnen Rechtsextreme aufdem Land oder in der Stadt?

Im Gegensatz zur linksextremen Szene sind die Rechtsextremisten weniger in Städten als vielmehr in ländlichen Gebieten und Agglomerationsgemeinden beheimatet.

Stellten Sie im Kanton Bern in letzter Zeit mehr rechtsextreme Vorfälle fest?

Gewalttätige Auftritte von Rechtsextremen sind im Jahr 2003 auf Kantonsgebiet wesentlich zurückgegangen. Es waren auch weniger organisierte Attacken aus dem rechtsextremen Lager zu verzeichnen.

Meldet die Bevölkerung rechtsextreme Vorfälle der Polizei überhaupt?

Ja. Bei einschlägigen Vorkommnissen gehen bei uns Meldungen aus der Bevölkerung ein. Dabei lässt sich in jüngster Zeit ein neues Phänomen feststellen.

Was ist das für ein Phänomen?

In verschiedenen Teilen des Kantonsgebiets traten «besorgte» Bürger und Bürgerinnen an die Polizei und die Gemeindebehörden heran und meldeten angeblich geplante Angriffe der rechten Szene auf Andersdenkende. Nicht selten entwickelte sich daraus lokal eine gewisse Überreaktion, die in einzelnen Fällen so weit ging, dass sich an den prophezeiten Orten zur kritischen Zeit zahlreiche Schaulustige einfanden, um allfällige Keilereien mitverfolgen zu können. Durch die polizeilichen Ermittlungen konnte der Ursprung dieser Überreaktionen nicht in jedem Fall gefunden werden.

Warum nicht?

Meistens basierte der Ursprung dieser Überreaktionen nur auf gehörten Gerüchten und verzerrt dargestellten Begebenheiten von Bürgern.

Wer will denn mit solchen verzerrten Darstellungen polarisieren?

Nach unserem Dafürhalten haben linke Kreise dieses Phänomen der Überreaktion via Presse und Internet bei den Bürgern und Bürgerinnen noch unterstützt.

Was hat die Polizei in den letzten Jahren gegen die rechtsextreme Szene gemacht?

Die Kantonspolizei beobachtet die Szene auf dem Berner Kantonsgebiet sehr genau und ist vor allem durch präventive Massnahmen aktiv. Dazu gehören Personen- und Fahrzeugkontrollen im Umfeld von organisierten Anlässen. Mitgeführte gefährlichen Gegenständen, zum Beispiel Waffen und Propagandamaterial mit rassendiskriminierenden Inhalten, werden sichergestellt. Die Polizei sucht auch gezielt einschlägige rechte Szenentreffpunkte zur Abend- und Nachtzeit auf. Zudem werden Vorkehrungen zur Früherkennung und Verhinderung von Konfrontationen zwischen rechten und linken Gewaltextremisten getroffen.