Der Rücktritt von Biels Polizeidirektor Jürg Scherrer als FPS-Parteipräsident reiche nicht, sagen Vertreter der Juden. Und die Entschuldigung für dessen verbalen Ausrutscher sei gar keine solche.
Rémy Kappeler
Die Kritik am Bieler Polizeidirektor Scherrer ist nach dem angekündigten Rücktritt als Parteipräsident der Freiheits-Partei kaum leiser geworden. «Jürg Scherrer ist untragbar, vor allem als Polizeichef», sagt Sigi Feigel, Ehrenpräsident der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich. «Seine Geisteshaltung legitimiert ihn in keiner Weise, in einer Demokratie Verantwortung zu tragen», führt Feigel aus. Scherrer hat gestern dem Druck des Gemeinderats vorerst nachgegeben: Es sei problematisch, dass er gleichzeitig Gemeinderat und Parteipräsident sei. «Herr Scherrer versicherte, dass er diese Problematik in den nächsten Monaten lösen werde», schreibt die Exekutive. «Der Rücktritt ist eine Option», kommentiert Scherrer die Forderung. Konkreter wird Gemeinderätin Marianne Reber: Bis im Frühherbst soll der Polizeidirektor das Amt abgeben, sagt sie.
«Unglücklicher Ausdruck»
Eine zweite Auflage hat Scherrer gestern erfüllt, indem er ein Communiqué versandte. Die Exekutive hatte verlangt, dass er sich «bei allen Personen, die er mit seinen unbedachten Äusserungen ungewollt verletzt hat, entschuldigt». Scherrer stellt in seiner Mitteilung fest, dass für ihn «die Hitlerzeit, die Judenverfolgung, der Holocaust und die Gaskammern feststehende, grausame Tatsachen sind». In einem Interview mit dem Westschweizer Radio habe er den Satz «Ja, die Gaskammern sind ein Detail der Geschichte, aber es gab auch noch andere Völkermorde» ausgesprochen. Damit habe er die Existenz der Gaskammern bestätigt. Für diese Aussage müsse er sich nicht entschuldigen, auch wenn das Wort «Detail» nicht der «glücklichste Ausdruck» gewesen sei.
Keine Entschuldigung
Alfred Donath, Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes, ist mit dem Schreiben Scherrers nicht zufrieden: «Das ist keine Entschuldigung». Scherrer stelle den Holocaust weiterhin mit anderen Völkermorden auf die gleiche Stufe.«Das genügt nicht, Scherrer muss auch als Gemeinderat zurücktreten», teilen der Gewerkschaftsbund Biel-Lyss-Seeland (GBLS) und das Grüne Bündnis mit. «Die Forderungen des Gemeinderats an Scherrer sind eine billige Masche», sagt Corrado Pardini vom GBLS. «Einmal mehr gelang es Scherrer, das zerbrochene Geschirr unter den Teppich zu kehren.»Um ihren Rücktrittsforderungen Nachdruck zu verleihen, wollen die Organisationen die nächste Parlamentssitzung platzen lassen. Die Stadträte sollen zusammen mit nationalen Persönlichkeiten «gegen Rassismus und Antisemitismus» demonstrieren – «bis Scherrer den Rücktritt bekannt gibt».