Mit seinem Lob für einen Holocaust-Leugner hat Christoph Blocher sich und die SVP ins Kreuzfeuer der Kritik manövriert. Die SVP stellt sich hinter Blocher und vermutet eine Kampagne. Mit Unverständnis hat gestern Bundesrat Adolf Ogi auf den Vorfall reagiert.
Allerdings blieb Ogi allgemein: «In der SVP hat es keinen Platz für politischen Extremismus, Antisemitismus und Rassismus.» Deutlicher wurden die drei anderen Bundesratparteien: «Die moralische Glaubwürdigkeit von Christoph Blocher ist am Ende», teilen heute CVP und SP in Inseraten mit. Die FDP ermuntert die Wähler, «jetzt die echte bürgerliche Politik zu wählen, wo der Rechtsextremismus keinen Platz hat».
Christoph Blocher reagierte gestern heftig: Er habe das umstrittene Buch nie gelesen und unterstütze es auch keinesfalls. Blocher wittert im Ganzen – wie die SVP Schweiz auch – eine gezielte Kampagne vor den Wahlen. «Wir wussten schon länger, dass etwas kommt», sagte Parteipräsident Ueli Maurer, ohne konkreter zu werden.
Auschwitz-Leugner Jürgen Graf, Autor des von Blocher gelobten Buchs, glaubt nicht, dass Blocher sein Buch nicht gelesen hat: «Herr Blocher hat wohl damals einen Anflug von naiver Ehrlichkeit gehabt.»
Und die Berner SVP? Sie bleibt einmal mehr vorsichtig und erwartet, dass sich Christoph Blocher von diesem Brief distanziert. Fraktionschef Samuel Schmid verlangt zudem vom Zürcher Erklärungen zum Vorfall. Blochers Antwort: Schmid sei wohl nichts anderes in den Sinn gekommen. cls
Kommentar
Spiel mit dem Feuer
*Denis von Burg
Ist Christoph Blocher ein Rassist, steht er mit einem Bein im braunen Sumpf und hat das bisher geschickt kaschiert?
Wohl kaum. Belege gibt es jedenfalls nicht. Auch der Brief, in dem er ein Buch des Holocaust-Lügners Jürgen Graf lobt, ist wohl keiner.
Doch der leichtfertig – wie es jetzt heisst – unterzeichnete Brief zeigt einmal mehr:Blocher und der von ihm verkörperte Teil des rechtsbürgerlichen Spektrums von der SVP bis zur Auns pflegen einen grob fahrlässigen Umgang mit dem rechtsextremen Milieu in der Schweiz. Unter Blochers Führung und in der Absicht, zur mächtigsten Kraft rechts der Mitte zu werden, spielt die SVP permanent mit dem Feuer. Ihre Plakataktionen bedienen sich immer wieder der Bildsprache des Dritten Reichs. In der Auseinandersetzung mit den Wiedergutmachungsforderungen jüdischer Organisationen hat Blocher zu oft jene Klarheit vermissen lassen, die Abwehr gegen «überrissene» Forderungen von Pauschalurteilen über Juden unterscheidet. Und in seiner Auns hat Blocher nichts gegen Rechtsextremisten unternommen, bis der öffentliche Druck ihn dazu zwang. Blocher und seine Gefolgsleute dürfen sich nicht wundern, wenn Skins an Auns-Veranstaltungen auftauchen, wenn rechts-verblendete Jugendliche Blocher als ihren Führer feiern, wenn immer öfters Rechtsextreme in der SVP ihre Heimat sehen und wenn braune Kumpane in Blocher einen Kampfgefährten erblicken. Beteuerungen, mit Rassismus nichts zu tun zu haben, reichen jetzt nicht mehr. Blocher und die SVP müssen das kalkulierte Spiel mit dem rechten Rand endlich aufgeben.*