EINBÜRGERUNGEN / In Emmen und in Schwyz entschieden die Stimmbürger an diesem Wochenende über Einbürgerungsgesuche. Einmal mehr hatten vor allem Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien keine Chance. Ihre Gesuche wurden fast allesamt abgelehnt.
* UELI BACHMANN, EMMEN
In Emmen LU endete die vierte Einbürgerungsrunde fast im gleichen Fiasko wie im Jahr 2000, als vier Dutzend Personen aus dem Balkan scheiterten: Das Stimmvolk lehnte gestern Sonntag nicht gleich alle Gesuche ab, aber 8 von 15 Gesuchen. Betroffen sind mit einer Ausnahme alle Gesuchstellenden aus dem Balkan. Von den 13 Personen schaffte einzig die 11-jährige Vanessa Franca aus Jugoslawien die hohe Hürde. Keine Probleme hatten Personen aus Italien, Marokko, den Philippinen und Portugal. Nicht anders verlief die Abstimmung im Hauptort Schwyz. Dort wurden gleich alle vier Gesuche von insgesamt 13 Personen abgelehnt. Am deutlichsten abgelehnt wurde das Gesuch einer Familie aus Bosnien-Herzegowina, die seit 15 Jahren in der Schweiz wohnt. Das Nein zu Personen aus dem Balkan fiel klar deutlicher aus als gegen Personen aus der Türkei. Bereits im September machte der Hauptort Schwyz Schlagzeilen durch die Ablehnung aller zehn Gesuche aramäischer (christlicher) Türken. Als Grund für die Ablehnung wurde auf die Ereignisse vom 11. September verwiesen. Der Gemeinderat suchte mit den Parteien das Gespräch, auch wurde das Vorstellungsgespräch modifiziert – gebracht hat es nichts.
Nur ein elfjähriges Mädchen
Weshalb ausgerechnet sie es geschafft habe, wisse sie nicht, sagte die 11-jährige Vanessa Franca aus Jugoslawien gestern nach dem Entscheid in Emmen. Sie sei eben ein Kind, und das werde wohl den Ausschlag gegeben haben, meinten dagegen ihre Eltern, die wegen schlechter Deutschkenntnisse schon gar nicht zur Urnenabstimmung zugelassen wurden. Er sei sehr enttäuscht, aber nach den Vorfällen nicht eigentlich überrascht, sagte der 20-jährige Bosnier Samir Kozarac. Dieser kam mit sieben Jahren in die Schweiz. Kozarac durchlief beim Sportclub Emmen alle Stationen eines Fussballspielers. Heute spielt er in der 1. Liga beim U-20-Team des Grasshoppersclub Zürich. Man habe ihm noch geraten, im GC-Dress auf dem Foto der Abstimmungsbroschüre zu posieren, sagte Kozarac. «Aber ich wollte doch nicht als Fussballer Schweizer werden, sondern als Samir Kozarac.»
System funktioniert nicht
Im März 1999 wurde in Emmen die Initiative «Einbürgerungen vors Volk» angenommen. Damit ging Emmen als erste Gemeinde der Schweiz mit Parlament dazu über, die Einbürgerungen an der Urne vorzunehmen. Nach zwei Urnengängen, insbesondere nach dem Desaster vom März 2000, als sämtliche 48 Personen aus dem Balkan scheiterten, ging der Emmer Gemeinderat über die Bücher: Nach einer Denkpause, klar verschärften Einbürgerungsverfahren, viel Aufklärungsarbeit und so genannten Vorstellungspodien «zum Kennenlernen», organisiert von den Parteien, schien im Juni dieses Jahres die Wende gekommen, als alle Gesuche gutgeheissen wurden. Der Emmer Gemeinderat zeigte sich vom Entscheid enttäuscht wie die Betroffenen selber. Als Gründe nannte Gemeindepräsident Peter Schnellmann die Unzufriedenheit der Stimmbevölkerung über die Ausländer- und Asylpolitik des Bundes sowie einige Vorfälle, die in Emmen viel zu reden gaben: Im Luzerner Vorort sorgte vor allem eine Messerstecherei zwischen einem Ausländer und einem Schweizer, die für den Schweizer tödlich endete, für Aufruhr. Ein von der SVP geforderter Aufschub von Gesuchen von Personen aus dem Balkan wurde vom Gemeinderat abgelehnt. «Das Abstimmungsergebnis hat klar bewiesen, dass kleinste Vorkommnisse das Ergebnis beeinflussen und das System der Einbürgerungen an der Urne nicht funktioniert», sagte FDP-Gemeinderat Ruedi Lustenberger. Er und seine vier Kollegen vom Emmer Gemeinderat haben nun genug: Sie wollen prüfen, ob die Erteilung des Bürgerrechts durch eine vom Volk gewählte Einbürgerungskommission delegiert werden kann. Dies wäre aufgrund der kantonalen Gesetzgebung im Kanton Luzern möglich. Gemeinderat Lustenberger glaubt, dass über diese Rückkehr zu Einbürgerungen «ohne das Volk» bereits im nächsten Jahr abgestimmt werden kann.