Wasserschlacht und ein Sprengsatz

BernerZeitung

Rechtsextreme versuchten mit Booten aufs Rütli zu gelangen. Die Polizei vertrieb sie mit Wasserwerfern. Dennoch kam es beinahe zum Debakel: Am Ende der Feier detonierte ein vergrabener Sprengsatz auf der Festwiese.

Die Rütliwiese hatte sich bereits geleert, die meisten Festbesucher waren auf dem Weg zu den Schiffen. Der Berner FDP-Nationalrat und Festsponsor Johann Schneider-Ammann gab gerade den Medien Auskunft ? da gab es auf dem Rütli einen dumpfen Knall. Sofort eilten Polizisten herbei und forderten die letzten Besucher auf, die Wiese zu verlassen. «Hier ist ein vergrabener Sprengsatz detoniert», so einer der Beamten, welche die Wiese hektisch nach weiteren verdächtigen Stellen untersuchten.

Polizei bestätigt Anschlag

Sofort deckten die Beamten auch das Loch ab, das der Sprengsatz in den Rasen gerissen hatte. «Mitten auf der Wiese war irgendein Sprengkörper vergraben worden, der zehn Minuten nach Ende der Feier explodierte», bestätigte der Urner Polizeidirektor Josef Dittli. Die Explosion habe ein ungefähr 30 Zentimeter grosses Loch in den Boden gerissen. Er schätze die Tiefe auf etwa 20 Zentimeter. Er selber habe im Loch noch Kabel und Reste einer Batterie gesehen. «Wäre dieser Sprengsatz während der Feier explodiert, hätte es mit Sicherheit Verletzte gegeben», so Dittli. «Und ganz sicher hätten wir panikartige Zustände erlebt», sagte der Urner Polizeidirektor weiter. Zum jetzigen Zeitpunkt sei aber noch völlig offen, wie der Sprengkörper gezündet worden sei. Die Ermittlungen der Urner Polizei liefen auf Hochtouren.

Die Berner SP-Stadträtin Patrizia Mordini stand nur wenige Meter neben dem Sprengsatz, als dieser explodierte. Sie sei erschrocken, habe aber keine Panik gehabt, erzählte die junge Politikerin. «Wir dachten zuerst, jemand habe eine Rakete gezündet. Aber es flog kein Feuerwerk in den Himmel.» Stattdessen sei Erde in der Luft herumgeflogen. Danach seien sie von den Polizisten aufgefordert worden, die Wiese zu verlassen.

Täter unbekannt

Mit diesem Sprengsatz habe die Auseinandersetzung um das Rütli «eine völlig neue Dimension» erreicht, erklärte ein hörbar geschockter Josef Dittli gestern. «Der Sprengsatz war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor der Feier vergraben worden.» Er könne nur spekulieren, denke aber, dass dies bereits an den Vortagen passiert sei. Der Sprengsatz sei offensichtlich von aussen nicht sichtbar gewesen, «sonst wäre er entfernt worden». Wer den Sprengsatz vergraben hatte, konnte die Polizei gestern noch nicht sagen.

Polizei mit Wasserwerfern

Vor der Feier hatten rund hundert Skinheads auf dem Land- und auf dem Seeweg versucht, aufs Rütli zu gelangen. Die Polizei konnte die meisten zurückweisen. Schliesslich ist es nur rund einem Dutzend Rechtsextremen gelungen, doch auf die Festwiese zu kommen.

Der erste Landeversuch erfolgte bereits um sieben Uhr morgens: 15 Rechtsextreme rückten in zwei Paddelbooten Richtung Rütli vor. Die Polizei fing sie auf dem See ab. Einen weiteren Landeversuch machten Rechtsextreme am Mittag. In zehn Gummibooten ruderten sie in Richtung der historischen Wiese. Die Polizei musste sie mit Wasserwerfern vertreiben.

Georg Humbel/ma

«Die Schweiz ist ein Teil von Europa»

Der EU-Botschafter in der Schweiz, Michael Reiterer, hat in seiner Rede in Aetigkofen SO für ein Engagement der Schweiz in Europa plädiert. Derweil nutzten die Parteipräsidenten ihre Reden vor allem für den Wahlkampf.

Die Schweiz sei zweifellos ein Teil der europäischen Wertegemeinschaft, des europäischen Kulturkreises, auch ohne Mitgliedschaft in der Union, sagte Michael Reiterer in seiner Rede zum Nationalfeiertag. Der EU-Botschafter in der Schweiz war von der Jugendbewegung der Neuen Europäischen Bewegung Schweiz (nebs) nach Aetigkofen SO eingeladen worden. Reiterer plädierte weiter für ein Engagement der Schweiz in Europa. Europa sei grösser als die EU, politisch, geografisch und kulturell. Die Schweiz könne sich den Entwicklungen in und um Europa nicht entziehen. Immer weniger Probleme liessen sich im Alleingang lösen. Und er betonte, dass diese Entwicklung nicht das Ende des Nationalstaats bedeute. «Europäisierung versteht sich als das Vereinen von Kräften zur gemeinsamen Stärke».

FDP kritisiert Polarisierung

FDP-Präsident Fulvio Pelli betonte bei seiner Rede im Tessiner Grenzort Stabio Ähnliches. Man habe trotz konservativen Störmanövern von rechts eine stabile Beziehung zur EU aufgebaut und in die Bildung investiert. Er kritisierte die Polarisierung und stellte die FDP als jene Partei dar, welche die Schweiz voranbringe. Zusammen mit anderen konstruktiven Kräften habe die FDP erfolgreich konservative Strömungen von links und rechts bekämpft, betonte Pelli.

SP-Präsident Hans-Jürg Fehr forderte bei seiner Rede in Neunkirch SH seinerseits eine bessere Integration von Ausländern. «Integrationspolitik ist der Baustoff, der das ganze Gebäude zusammenhält», sagte er. Und schliesslich sei die Fähigkeit zu integrieren das, was die Schweiz ausmache. Integrationsbedarf gelte es frühzeitig zu erkennen, bevor es zum Konflikt komme.

SVP fordert Sicherheit

Auf diese Konflikte ging SVP-Präsident Ueli Maurer in seiner Rede in Affoltern am Albis ZH ein. Er fokussierte auf das Thema «Sicherheit». Es gebe Gebiete, wo Chaos herrsche und eine Gettoisierung stattfinde, sagte er. Hier habe der Staat sein Gewaltmonopol bereits abgegeben, das «Barbarische» sei eingebrochen. Eine zivilisierte Gesellschaft müsse aber Grenzen setzen und diese in einer unmissverständlichen Sprache «den Unzivilisierten» kommunizieren. Er sprach jedoch nicht direkt von Ausländerkriminalität.

Auch von Gewalt sprach CVP-Präsident Christoph Darbellay. Von Jugendgewalt. Diese müsse mit Familienpolitik bekämpft werden, forderte er in seiner Rede, die er bereits am Dienstagabend in Châtonnaye FR hielt. Es bringe nichts, das Problem der Jugendgewalt allein den Ausländern und Ausländerinnen in die Schuhe zu schieben oder die Jugendlichen pauschal zu kriminalisieren. Deshalb müsse die Gesellschaft neben der Polizei in die Jugendarbeit, Sport, Musik und Kultur investieren, sagte Darbellay.