Jeder Zweite hat etwas gegen Ausländer
Genfer Soziologen warnen vor Zunahme populistischer Strömungen in der Schweiz
Gut die Hälfte der Schweizer hat Vorurteile gegenüber Fremden, ein Viertel ist antisemitisch. Neun von zehn Befragten lehnen Rechtsextremismus ab. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Genf.
Das soziologische Institut der Universität Genf hat die Studie über Fremdenfeidlichkeit in der Schweiz erstellt, die der Schweizerische Nationalfonds (SNF) am Samstag veröffentlicht hat. Die Genfer Forscher konnten vier grössere Gruppen in der Bevölkerung ausmachen.
37 Prozent der Befragten waren demnach zu den «Kreativen» zu rechnen. Diese Gruppe lehnt menschen- und fremdenfeindliche Haltungen ab. Ihre Mitglieder sind gebildet, politisch links, eher jung und wohnen in der Stadt. Die zweitgrösste Gruppe bilden mit 23 Prozent die «konservativen Nationalisten». Sie zeigen klar fremden- und menschenfeindliche Haltungen. Politisch rechts, sind sie weniger gut gebildet und betrachten die Zukunft mit Sorge.
Die 16 Prozent «liberalen Unternehmer» haben ebenfalls Angst vor Fremden, akzeptieren aber die Unterschiede. Sie fordern Recht und Ordnung, stehen moderat rechts und vertrauen auf die Kräfte des Marktes. Die vierte Gruppe, die «desorientierten Traditionalisten», stellt 9 Prozent. Ihre Angehörigen sind klar fremdenfeindlich und sehen Gewalt als Mittel zur Problemlösung.
DROHENDE Gewalt. Gemäss der Studie sind die «Desorientierten» das Hauptproblem: Sie haben sich aus der Gesellschaft verabschiedet. Auch die «konservativen Nationalisten» geben durch ihre Gewaltbereitschaft Anlass zur Sorge. Dem rechtsextremen Umfeld zuordnen lassen sich 3,8 Prozent der Bevölkerung. Ein Viertel aller Befragten hat etwas gegen Juden, was die Genfer Soziologen als Folge der Raubgold-Debatte werten. Die Forscher sprechen deshalb von «beunruhigenden Tendenzen»: Halte der Populismus an, könne durchaus unkontrollierte Gewalt ausbrechen.
Immerhin erteilten 90 Prozent der Befragten dem Rechtextremismus eine Abfuhr, 85 Prozent befürworteten die Bestrafung rassistischer Hetze, 77 Prozent wollten eine bessere Integration von Minderheiten in den politischen Prozess. Das Monitoring basiert auf 3000 Interviews und erfolgte im Rahmen des Forschungsprogramms «Rechtsextremismus» des Schweizer Nationalfonds. sda