Die rechtsradikale Pnos hat ihre «Bundesfeier» auf dem Rütli nachgeholt – mit Politparolen wie jenen der SVP und der Schweizer Demokraten. Offen ist, wie es nächstes Jahr weitergehen soll.
Die Rechtsradikalen haben die Aufmerksamkeit genutzt, die ihnen die monatelange Rütli-Debatte beschert hat. Nachdem ihnen der Zutritt zum Rütli am 1. August noch verwehrt worden war, begaben sie sich gestern ihrerseits auf die Bühne, die in diesem Sommer Schlagzeilen garantiert. Begleitet von den Medien, fuhren am frühen Sonntagnachmittag rund 300 Rechtsradikale mit einem Sonderschiff von Brunnen zum Rütli. Dort hatte die Partei national orientierter Schweizer (Pnos) zu einem «Bräteln des nationalen Widerstandes» aufgerufen. Einige wenige kamen zu Fuss auf die Wiese.
Warum nicht gehindert?
Die Polizei sah keinen Grund, die Rechtsradikalen am Zugang zum Rütli zu hindern. Einschreiten kann die Polizei nur, wenn Straftatbestände, etwa gegen die Antirassismusstrafnorm, vorliegen.
Auch die Rütlikommission, die das Rütli verwaltet, sah keine rechtliche Handhabe, um die Feier zu verhindern. Zwar gebe es eine Hausordnung, die für Anlässe mit mehr als 50?Personen eine Anmeldung verlange, sagte Kommissionssprecher Martin Hofer. Zudem werde das Rütli politischen Parteien aus Tradition nicht zur Verfügung gestellt. Die Rütlikommission wertete den Aufmarsch der Pnos zwar als «Missbrauch der Freiheit», sah aber von einem Eingreifen ab. Laut Hofer ist es fraglich, ob die Hausordnung vor einem Richter Bestand hätte.
Derweil ist offen, wie im nächsten Jahr ein erneutes Rütli-Theater verhindert werden kann. Die neue Kommissionspräsidentin Annemarie Huber-Hotz stellt zur Diskussion, die Rütlifeier wieder zu verkleinern und keine Bundesräte mehr einzuladen (siehe Kasten). Denn Tatsache ist: Die rechtsextreme Szene kann sich überhaupt erst im nationalen Scheinwerferlicht sonnen, seit Bundesräte regelmässig aufs Rütli pilgern und der Ort so zum Heiligtum verklärt wird.
«Ausverkauf der Heimat»
Die Rechtsradikalen vermieden gestern zusätzliche Provokationen. Es gab keine Zwischenfälle. Zuerst warnte Philippe Brennenstuhl in französischer Sprache vor dem Ausverkauf der Heimat und vor fremden Richtern ? Parolen, mit denen auch die SVP und die Schweizer Demokraten Wahlkampf betreiben. Der zweite Sprecher trat unter dem Namen Renato auf. Er kritisierte vor allem die heutige Regierung der Schweiz, die das Land in eine verhängnisvolle Zukunft führe, sowie die Medien.
Nach den Reden wurde der Bundesbrief verlesen und die alte Nationalhymne «Heil Dir Helvetia» gesungen. Die Teilnehmer der Feier wurden aufgerufen, sich auf dem Rückweg friedlich zu verhalten, nicht zu demonstrieren und in Brunnen auf dem Trottoir zu gehen. Die Schwyzer Kantonspolizei hat jedoch im Anschluss an die Veranstaltung auf dem Rütli in Brunnen eine unbewilligte Demonstration verhindert. (soh/sda)
Ohne Bundesräte?
Die 1.-August-Feier auf dem Rütli soll auch in Zukunft nicht vom Bund organisiert werden. Das sagte die designierte Präsidentin der Rütli-Kommission, Annemarie Huber-Hotz. Ob weiterhin Bundesräte eingeladen werden, liess sie offen.
Huber-Hotz wies darauf hin, dass die Bundesräte, die in der Vergangenheit auf dem Rütli gesprochen hätten, nie in ihrer Funktion als Amtsträger gekommen seien. Dennoch stelle sich die Frage, welche Redner die Kommission in Zukunft einladen solle. Zu überlegen sei weiter, ob die Feier wieder kleiner werden solle.
«Wir diskutieren mit den beteiligten Kantonen und allfälligen Partnern», sagte Huber-Hotz. Dass die Wirtschaft für die Sicherheitskosten aufkomme, solle «nicht Modell werden». Die Freisinnige Huber-Hotz ist noch bis Ende Legislatur im Dezember 2007 Bundeskanzlerin.