Wird die Schweiz zum Neonazi-Paradies?

Blick

BERN. In Deutschland demonstrieren Neonazis, weil sie der Staat hart anpackt. Sie träumen von Zuständen wie in der Schweiz – wo man sie in Ruhe lässt.

«Wir leiden unter staatlicher Repression», jammerten deutsche Neonazis am Samstag bei einer Demo in Friedrichshafen. Und liessen dabei durchblicken, dass es in der Schweiz viel schöner ist. Da würden Faschos vom Staat in Ruhe gelassen.

Beispiele dafür gibt es in jüngster Vergangenheit genug. So konnten vor einem Monat 400 Neonazis an einem Konzert in Brig VS Juden verhöhnen und Hitler verehren (im BLICK). Viele der Skinheads stammten aus dem benachbarten Ausland, wie die «Rundschau» von SFDRS gestern enthüllte. Oder der Grossaufmarsch der Rechtsextremen am 1. August auf dem Rütli. Dort sah die Polizei untätig zu, wie 600 Glatzen Bundespräsident Samuel Schmid bei seiner Rede auspfiffen (s. Box).

Wird die Schweiz zum Paradies für Neonazis? Das muss nicht sein, sagt Rechtsprofessor Marcel A. Niggli. «Mit dem Artikel im Strafgesetzbuch hätte man dagegen ein griffiges Instrument. Aber man müsste es konsequent anwenden.» Niggli sieht aber auch Lücken im Gesetz: «Das Parlament hat Telefonabhörungen von Rechtsextremen nicht erlaubt. Ein Unsinn, der behoben gehört», sagt der Rechtsprofessor.

Gestern hat auch die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) eine Verschärfung des Gesetzes gefordert. Es soll wie in Deutschland und anderen Ländern durch ein Verbot von Neonazi-Symbolen sowie von Organisationen mit eindeutiger rassistischer Zielsetzung ergänzt werden.

Diese Forderungen sind politisch breit abgestützt. Nur die SVP und die Grünen haben sie bekämpft. Rechtsprofessor Niggli: «Die Umsetzung dieser Verbote ist nur eine Frage der Priorität. Aber scheinbar sieht Justizminister Christoph Blocher diese beim Rechtsextremismus nicht gegeben.»