Neonazis am Werk? – Dorffestgewalttätigkeiten sorgen im Niederamt fürDiskussionen
«Aufmarsch der Neonazis im Niederamt – ihre provozierenden und gewalttätigenAuftritte an Dorffesten sind in den letzten Monaten immer häufiger geworden.»Diese von Radio DRS vermeldete Nachricht wird von der Kantonspolizei sowie voneinigen Festverantwortlichen als übertrieben bezeichnet. Es seien Vorkommnisse,wie sie an Dorffesten einfach vorkommen könnten.Karin SchmidIm Regionaljournal AG/SO von Radio DRS war die Rede von von 20 bis 30 Neonazis,die, in Bomberjacken und mit Springerstiefeln gekleidet, regelmässig als Gruppe anDorffesten und Eishockeyspielen auftreten. Davon seien etwa zehn aus Dulliken,Däniken, Starrkirch und Olten. Angefangen habe es beim Hilari in Däniken MitteJanuar, und seither sei es an Dorffesten im Niederamt immer wieder zuProvokationen und Schlägereien gekommen, wurde vermeldet. «Sie haben Messerdabei, auch Sprays oder Baseballschläger, und gehen einfach auf Schwächere los,auf Andersdenkende», erzählte ein anonym bleiben wollendes Ex-Mitglied derbesagten Neonazi-Gruppe am Radio. Der Mann erlebte aufgrund der Radiomeldungdie Aktivitäten hautnah mit, verliess die Gruppe allerdings nach einem Jahr, weil esihm «ablöschte».Polizei: «Übertrieben»Die häufigen Radiomeldungen ärgern Urs Eggenschwiler vom Mediendienst derKantonspolizei Solothurn. Er empfindet sie als völlig übertrieben: «Wir haben nur dieMeldung vom Vorfall beim Eishockey-Match erhalten.» (vgl. Kasten). VonVorkommnissen beim Däniker Hilari hat Eggenschwiler gehört: «Die Polizei erhieltvon der dort eingesetzten Securitas einen Anruf; danach ging eine Patrouille vorbei,fand jedoch nichts Spezielles vor. Als die Securitas sagte, die Sache sei erledigt,gingen die Polizisten wieder.» Ähnliches sagt auch Mirjam Bihler, die Präsidentindes Hilari-OKs, aus: «Vom OK waren alle dabei, und vom uns hat niemandirgendwelche Gewalttätigkeiten mitbekommen.»«An der Fasnacht ein Problem»
Zu Ohren gekommen sind dem Kapo-Mann auch Vorfälle bei der Fasnacht inNiedererlinsbach. Aber auch die zeichneten sich nach Eggenschwilers Erfahrungennicht durch übertriebene Gewalttätigkeiten aus: «Da gab es nurSachbeschädigungen – wie häufig an Dorffesten. Hier läuft nun eine Anzeige gegenUnbekannt».Linus Lindegger, langjähriger, eingefleischter Fasnächtler und Mitglied derGuggenmusik Speuzer Schränzer, erzählt, dass an der Erlinsbacher Fasnacht sehrviele Leute anwesend gewesen seien; «da waren auch solche dabei, die anfingenzu provozieren. Die Polizei ist deswegen eingeschritten.» Dies käme an derFasnacht inzwischen immer häufiger vor, und sei ein echtes Problem. Täter seienvor allem Junge, etwa ab 14 Jahren; «die Älteren», so Lindegger, «machen da garnicht mehr mit. Aber ob das wirklich Neonazis waren, wie es im Radio erzählt wird,kann man wirklich nicht sagen.»«Wir hatten in Erlinsbach eigentlich gar keine gewalttätigen Vorfälle», sagt GuidoSchmid, Präsident des Erlinsbacher Fako. «Bei uns ist jeweils ein gutes,professionelles Sicherheitsteam – Securitas-Leute mit Hunden – im Einsatz.»Trotzdem musste die Polizei beim Festzelt der Speuzer Schränzer einen Mannzurückhalten; «wahrscheinlich, weil bei ihm eine Waffe – ein Messer, glaube ich -gefunden wurde», vermutet Schmid. «Das waren aber nur Vorkehrungen.Sachbeschädigungen hat es zwar gegeben, aber das kann ja schon malvorkommen, wenn einer vor Begeisterung angetrunken vom Tisch fällt.» Seit fünfJahren führen die Schränzer das Festzelt, und die Anlässe seien immer friedlichabgelaufen, sagt der Fasnächtler. Ausserdem: «Die Leute, die im Eifer des Gefechtsirgend etwas beschädigt haben, zeigen sich bei einem Gespräch nach der Fasnachtjeweils ziemlich zuvorkommend und kommen für den Schaden problemlos auf.»Unbewiesene Aussagen
Auch für die Kantonspolizei sind die Vorkommnisse, wie sie in den letzten Tagen imRadio gemeldet wurden, nichts Spezielles. Was Urs Eggenschwiler vor allem stört,sind die bisher unbewiesenen Aussagen, es handle sich stets um die gleicheGruppe Neonazis: «Die Provokateure sind nicht, wie sie im Radio dargestelltwerden. Wir wissen zwar, dass es eine solche Gruppierung gibt, aber nicht, wannund wo sie ihr Unwesen treibt. Dass die Vorfälle im Niederamt in den vergangenMonaten von Neonazis stammen, ist nicht bewiesen.» Im Radio wurde gemeldet,dass einige der Gruppe bereits vorbestraft seien. «Die beiden, die beimHockeymatch festgenommen wurden, kannten wir vorher nicht», stellt Eggenschwilerfest.«In den Gemeinden will niemand etwas von solchen Vorfällen wissen; alleschliessen die Augen und Ohren, wenn es um dieses Thema geht», stellte dasehemalige Neonazi-Gruppenmitglied am Radio-Mikrofon fest. Nur: Ausser denAngriffen beim Eishockeyspiel im Oltner Kleinholz sei der Kantonspolizei inSolothurn keine Meldung erstattet worden, wie Urs Eggenschwiler aufgebrachtfeststellt: «Soll ich denn etwas aufsticheln, worüber sich die Bevölkerung gar keineSorgen macht. Schliesslich gilt immer noch das Sprichwort: «Wo kein Kläger ist, istkein Richter».»Gibts an Dorffesten Provokationen oder Schlägereien, wird häufig angenommen,dass die Verdächtigen zu Skinhead- und Neonazi-Gruppierungen gehören.