Kein Einzeltäter
*Bernhard Giger
Bereits 36 Stunden nach der Tat konnte die Polizei die Festnahme des Mannes vermelden, der Sonntag Nacht mehrere Gewehrsalven auf das «Solterpolter»-Gebäude im Marzili abgefeuert hatte. Oft genug wird sonst auf der Polizei herumgehackt. Diesmal darf – nein: muss – man ihr zum schnellen Fahndungserfolg gratulieren. Durch die effiziente Zusammenarbeit von Stadt- und Kantonspolizei wurde ein Täter gefasst, der ebensogut ein Mörder sein könnte und dies wohl nur dank der schnellen Reflexe der Bedrohten nicht geworden ist.
Der Fahndungserfolg ist aber noch lange kein Grund, nun wieder zur Tagesordnung überzugehen. Denn der Schütze vom Marzili ist nicht irgendein Irrer, sondern ein Rechtsextremer, ein «Fascho», wie der linke Jargon sie nennt. Selbst wenn er allein auf die hirnverbrannte Idee gekommen ist, mit dem Sturmgewehr auf das Haus der linken WG zu ballern, ist er kein Einzeltäter. Der Rechtsextremismus boomt und die Gewaltbereitschaft ist so hoch, dass seine Anhänger auch vor Mord nicht zurückzuschrecken scheinen.
Die Verantwortung dafür tragen nicht nur selbst ernannte neue «Führer». Mitverantwortlich ist auch eine Gesellschaft, die den Rechtsextremismus zu wenig ernst nimmt. Die bürgerliche Rechte, die noch fest im demokratischen System verankert ist, wird nicht darum herumkommen, sich endlich mit aller Deutlichkeit vom Rechtsradikalismus zu distanzieren. Denn erst wenn die Gewalttäter politisch völlig isoliert sind, verlieren sie die Attraktivität, die sie auf junge, geistig wenig gefestigte Menschen offenbar ausüben.*
E-Mail: bgiger