Rechtsradikaler Aufmarsch

BernerZeitung

Gegen 50 Rechtsradikale trafen sich am Wochenende in Walkringen zum geheimen Parteitag. Antifa-Demonstranten störten zuvor den konspirativen Treffpunkt. Die Polizei liess beide gewähren.

· Otto Hostettler

Zuerst lief alles wie geplant: Am Samstagmittag, kurz vor zwölf, trafen die ersten Rechtsextremisten beim Bahnhof Hasle-Rüegsau ein. Am konspirativen Treffpunkt, der erst kurz vor dem Parteitag den Gesinnungsgenossen bekannt gegeben wurde, versammelten sich innerhalb einer Viertelstunde zwischen 10 und 20 Personen. Von dort wurden sie in den «Bären» Walkringen geschickt – zum geheim gehaltenen Treffpunkt der Partei National Orientiert Schweizer (PNOS). Vor wenigen Tagen war nur durchgesickert, dass sich die aus den Hammerskins entstandene Organisation im Kanton Bern zu einem Parteitag treffen wollte (diese Zeitung berichtete). Der Treffpunkt Hasle-Rüegsau wurde darauf via Handy verbreitet.

Bernhard Schaub verjagt

Doch die Vereinigung (gemäss Parteiprogramm «radikal – sozial – national»), die jeweils auch den Neonaziaufmarsch aufs Rütli am 1. August organisiert, musste sich kurzum neu orientieren: Nicht alle konnten planmässig weiter ans Nationalistentreffen nach Walkringen fahren. Ausgerechnet der bekennende Holocaustleugner Bernhard Schaub, der mit einigen PNOS-Exponenten vor dem Bahnhof auf Nachzügler wartete, musste sich im Dorfzentrum verstecken: Um 12.45 trafen mit der S-Bahn im Bahnhof rund 70 Antifa-Demonstranten ein, skandierten lautstark Parolen gegen Faschisten und jagten das verbliebene, sichtlich überraschte Grüppchen davon. Eine gute Stunde «besetzten» sie den Bahnhof, «damit nicht noch mehr Neonazis an den Parteitag gelangen», wie ein Antifa-Sprecher sagte. Triumphierend wühlten darauf die vermumten Aktivisten in zwei Autos, darunter Schaubs BMW, und frohlockten mit den Ausweisen des 49-Jährigen.

Auch wenn ein Parteisprecher der rechtsnationalen Organisation anschliessend betonte, Schaub sei nicht Mitglied der PNOS, gilt dieser als eigentlicher ideologischer Führer der neuen rechtsnationalen Bewegung. Er gehört zwar dem Parteivorstand inzwischen nicht mehr an.Dochdie Zeitung «Deutsche Stimme» der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) bezeichnete Schaub als Verfasser des PNOS-Parteiprogramms. Dennoch sagt ein PNOS-Exponent, Schaub nehme an der Versammlung in Walkringen nur «als Besucher» teil.

Schaubs Reich

Immerhin, Schaub hatte für seinen Besuch im Kanton Bern vorgesorgt: In seinem Auto fanden die Antifa-Demonstranten zahlreiches Propagandamate rial, darunter diverse Musik-CDs (z. B. Marschmusik der Waffen-SS), ein Liederbuch des Freibunds sowie Stapel seiner eigenen Pamphlete «Reich Europa». Darin schwärmt Schaub von einem «neuen Reich», das «von einer höheren Einheit beseelt» wird und dessen «Reichsregierung» die Vermischung der Völker verhindern werde.

Dutzendweise gefunden wurde auch Schaubs 12-seitiges Blättchen «Leitsätze» der Nationalen Ausserparlamentarischen Opposition der Schweiz (NAPO). Diese sieht sich als «Sammelbewegung für den echten nationalen Widerstand in der Schweiz». Im Hetzblatt heisst es auch: «Wir betrachten Kulturfremde und Fremdrassige in unserem Land und in Europa als Zivilbesatzer.» Noch am Samstagabend liessen Antifa-Verantwortliche verlauten, sie hätten in Schaubs Auto auch sein Adressbuch mit 339 Einträgen sowie sein Handy mit 250 Telefonnummern gefunden. Arbeit für die Polizei gab es nur am Rand: In Hasle-Rüegsau war sie anfänglich gar nicht vor Ort, später hielt sie sich gegenüber der Antifa ebenso im Hintergrund wie in Walkringen beim Parteitag der Rechtsextremen.

Polizei kontrolliert

Es sei darum gegangen, eine Konfrontation zu vermeiden, sagte gestern ein Sprecher der Kantonspolizei. Am Ende des PNOS-Parteitages in Walkringen habe die Polizei sämtliche knapp 50 Besucherinnen und Besucher kontrolliert, liess die Kantonspolizei verlauten. Ob darunter auch der NPD-Mann John Bürgel gewesen sei, wollte die Polizei nicht bestätigen. Rechtsradikales Propagandamaterial sei keines sichergestellt worden – auch nicht in den beiden von den linken Aktivisten demolierten Fahrzeugen. Ermittlungen zu Sachbeschädigungen seien im Gang. ·

Die ersten Parteianhänger besammeln sich in Hasle-Rüegsau, von wo aus sie nach Walkringen reisen sollen …

.. doch plötzlich kommt ein Zug voller Antifas an. Diese jagen das Grüppchen von rechts davon.

der auftritt der PNOS

«Moderat, eher rechts»

Die Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) präsentiert sich in den letzten Monaten gegen aussen betont moderat. Die Zeit der kahl rasierten Köpfe ist vorbei, an der Veranstaltung waren nur wenige der rund 50 vorwiegend jungen Personen (darunter etwa ein Dutzend Frauen) kurz geschoren. Man gibt sich schick angezogen im weissen Hemd.

Am Rand ihres Parteitages in Walkringen liessen die Rechtsnationalen süffisant verlauten, im Gegensatz zur gewalttätigen Antifa-Bewegung sei die PNOS «gewaltlos». Und: Die Umweltpolitik gleiche jener der Grünen, die Familienpolitik sei fast wie jene der CVP, nur bei der Ausländerproblematik sei man «eher rechts», sagte der 21-jährige Ralph Aschwanden. Er, der im Kanton Aargau für den Nationalrat kandidiert, meint zur Position in der Ausländerpolitik: «Wir sind nicht so wie die SVP, die nur spricht und dann doch nichts macht.»

Laut einem anderen PNOS-Exponenten habe die rechtsnationale Partei auch im Kanton Bern über eine Nationalratsliste nachgedacht. Doch der von ihnen angefragte – und seit Jahren einschlägig bekannte – Rechtsradikale Roger Wüthrich winkte ab. Am Parteitag in Walkringen trat als Gastredner «der Herr von der NPD» auf, wie der Parteisprecher den Deutschen John Bürgel nannte. Bürgel aus Süddeutschland ist Mitglied der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). An der Veranstaltung dabei war Bernhard Schaub, der seit Jahren rechtsnationale Parolen herausgibt, den Genozid an den Juden im Zweiten Weltkrieg bestreitet und immer wieder vor Rechtsextremen in Deutschland referiert. Am 1. August formierte Schaub in Brunnen die angereisten Rechtsextremen zu einer Viererkolonne, die darauf nationalistische und ausländerfeindliche Parolen grölten und ungehindert durch den Ort marschierten.

Kollegial begrüsst wurde in Walkringen auch der 25-jährige Sascha Kunz, bis vor wenigen Monaten Präsident der PNOS. Laut einem Parteisprecher ist Kunz inzwischen aus der Partei ausgetreten. Kunz betrieb vor zwei Jahren in Rheinfelden einen Skinhead-laden, verkaufte Neonazimusik, Reichkriegsflaggen und Skinheadkleider. Weil Kunz einst Mitglied von «Blood and Honour» war und einen «unfähigen» Vorstand um sich hatte, wie ein PNOS-Aktivist im Vorfeld der Versammlung sagte, habe er sein Präsidentenamt abgegeben. Inzwischen hat die Partei eine neue Struktur: Es gibt nur noch einen «Vorsitzenden», dessen Kompetenz sich auf die Leitung der Delegiertenversammlung beschränkt, wie ein PNOS-Sprecher sagt. Damit liege die Macht bei den einzelnen Sektionen. «Vorsitzender» ist der bisherige Vizepräsident Jonas Gysin, ein langjähriger Mitstreiter von Kunz.

Im Kanton Bern verfügt die PNOS über ein Postfach in Aefligen