Rechtsextremismus Gut 200 Neonazis treffen sich in Lotzwil – Polizei führt Kontrollen durch
Das Umfeld der Neonazi-Rockband Indiziert hat am Samstagabend in der Waldhütte der Burgergemeinde Lotzwil ein Konzert durchgeführt. Gut 200 Rechtsextreme aus dem In- und Ausland haben sich dazu im Oberaargau versammelt. Die Polizei reagierte mit einem Grossaufgebot.
Christian Liechti
Es herrschte am Samstagabend eine beklemmende Stimmung im Lotzwiler Burgerwald. Gut 200 Rechtsextreme – darunter 25 Aktivisten aus dem Ausland – hatten sich zu einem Konzert in der Burgerhütte versammelt. 400 Meter vor der Waldhütte führten rund 30 Polizisten der Kantonspolizei eine rigorose Personenkontrolle durch. Jeder Neonazi wurde nach Waffen, Propagandamaterial oder weiteren verbotenen Gegenständen durchsucht und die Personalien aufgenommen. Wie gross das Polizeiaufgebot wirklich war, wollte die Kantonspolizei gestern aus «ermittlungstaktischen Gründen» nicht bekannt geben. Weil die Kantonspolizei keine Widerhandlungen gegen die Antirassismus-Strafnorm und die Waffengesetzgebung feststellte, liess sie die Neonazis das Konzert durchführen. Es gelte das Prinzip der Verhältnismässigkeit, begründet Polizeisprecher Jürg Mosimann das Vorgehen.
Dies war nicht die einzige Kontrolle, die die Neonazis über sich ergehen lassen musste. Bereits am Treffpunkt in Rothrist (AG) filzte die Aargauer Kantonspolizei die Konzertbesucher. Sie stellte verbotene Waffen wie Springmesser, Schlagstöcke, Baseballschläger sicher. Die Veranstaltung, deren Durchführungsort erst wenige Stunden vorher via Mobiltelefon bekannt gegeben wurde, war gut vorbereitet. Die Rechtsextremen hatten die Umgebung der Waldhütte mit hohen Metallzäunen vor unliebsamen Blicken und Gästen abgeriegelt. Sicherheitskräfte der Neonazis patrouillierten in der Umgebung. Der Vorplatz wurde zur Konzertarena umgewandelt. Zwei Frauen sassen im Eingangsbereich vor einer Art Kasse, ein Stromaggregat produzierte Elektrizität für die zahlreichen Scheinwerfer, Verstärker und die Nebelmaschine. Wie viele der angekündigten sechs Bands wirklich auftraten, ist unklar. Den Auftakt scheint eine Band aus Deutschland gemacht zu haben.
Band am Freitag verhaftet
Bereits am Freitag griff die Kantonspolizei Bern in Langenthal rechtsextreme Bandmitglieder aus Deutschland auf und setzte sie in Ausschaffungshaft. Vorgängig sind ihnen die vom Dienst für Analyse und Prävention (DAP) des Bundes verhängte Einreisesperren eröffnet worden. Gegen vier deutsche rechtsextreme Personen wurden temporäre Einreisesperren verhängt. Am Freitagabend wurden sechs Personen den deutschen Grenzbehörden übergeben. Vier mit Einreisesperren belegte deutsche Skinheads versuchten daraufhin am Samstag, via Liechtenstein in die Schweiz einzureisen. Sie wurden jedoch von den Schweizer Grenzbehörden zurückgewiesen.
Burgergemeinde ahnungslos
Die Burgergemeinde Lotzwil wurde vom Aufmarsch der Neonazis überrumpelt. «Wir wussten von nichts», sagt deren Präsident Erich Greub. Die Waldhütte werde lediglich für Feste bis 30 Personen vermietet. Greub will nun abklären, unter welchem Vorwand die Neonazis einen Mietvertrag erhalten haben.
Ohne Bewilligung
Der Anlass fand ohne Bewilligung statt, wie Regierungsstatthalter Martin Lerch auf Anfrage erklärte. Er werde prüfen, gegen die Organisatoren Anzeige einzureichen. «Wir akzeptieren solche Anlässe nicht.» Beim Konzert in Lotzwil handelt es sich um eine der grössten Versammlungen Rechtsextremer in diesem Jahr.