Die Rütlibesucher sollen am 1. August an Brunnen vorbeigelotst werden.
Am 1. August soll es in Brunnen nicht mehr zu Aufmärschen von Rechtsextremen kommen. Deshalb wird eigens eine neue Schiffsstation gebaut.
von robert knobel
Wer kein Ticket hat, darf nicht aufs Rütli: Die Weisungen der Organisatoren für die Bundesfeier 2006 sind klar. Doch das Dorf Brunnen ist weiterhin für alle frei zugänglich also auch für allfällige rechtsextreme Demonstranten. Werden sich demnach die Szenen aus den vergangenen Jahren wiederholen, als Hunderte Skinheads rechtsextreme Parolen skandierend durch Brunnen marschierten? Wird es gar zu Zusammenstössen zwischen rechten und linken Demonstranten kommen, falls Letztere eine Bewilligung für eine Demo in Brunnen erhalten? «Nein», glaubt Urs Koller, Gemeindepräsident der Gemeinde Ingenbohl, «wir haben jetzt wirklich alle erdenklichen Massnahmen ergriffen, um diesem Spuk ein Ende zu bereiten.»
Per Bus zum Schiff
So werden die Besucher der Rütlifeier nicht mehr in Brunnen das Schiff besteigen können, sondern nur noch an einem extra dafür gebauten Schiffssteg ausserhalb des Dorfes. «So entflechten wir die Probleme», sagt der Schwyzer Regierungsrat Kurt Zibung. Die Besucher werden am Bahnhof und an der Schiffsstation Brunnen von einem Shuttlebus abgeholt, der sie zu einem Kontrollposten ausserhalb des Dorfes bringt. Dort überprüfen Polizeibeamte die Billette und die Identität der Besucher. Nur wer diese Kontrolle passiert hat, kann wieder in den Bus steigen und zur provisorischen Schiffsanlegestelle weiterfahren.
Standort noch unbekannt
Wo diese genau zu stehen kommt, ist noch nicht klar in Frage kommen mehrere Standorte zwischen Brunnen und Gersau. Laut Kurt Zibung ist beispielsweise die Parkierungsfrage noch nicht gelöst. Sicher ist nur, dass am 1. August weder von der offiziellen Schiffsstation noch vom Föhnhafen Schiffe zum Rütli fahren.
«Vertrauen in die Polizei»
Ganz an Brunnen vorbei lotsen lässt sich der Besucherstrom mit diesen Massnahmen nicht. Werden die Skinheads dies ausnützen und beispielsweise beim Bahnhof aufmarschieren, wo ihnen die Aufmerksamkeit der Rütlibesucher sicher ist? «Da habe ich einfach vollstes Vertrauen in die Polizei», sagt Urs Koller dazu. Auch dass es beim Schiffssteg ausserhalb des Dorfes zu Aufmärschen kommen könnte, glaubt er nicht.
Für die Schifffahrtsgesellschaft SGV bringt der 1. August 2006 ärgerliche Umtriebe. «Der 1. August ist einer der frequenzstärksten Tage im Jahr», sagt SGV-Direktor Stefan Schulthess. Dass an diesem Tag nur noch 2300 Besucher aufs Rütli dürfen, bedeute für die SGV einen Umsatzverlust. Auf den restlichen Schiffslinien verläuft der Betrieb fahrplanmässig auch die Station Brunnen wird normal bedient. Doch ist nicht auszuschliessen, dass die besondere Situation auch auf dem übrigen See zu Buche schlägt. Eine Prognose wagt Schulthess nicht, hält jedoch fest: «Für uns ist dies sicher keine lukrative Entwicklung.»
Brunnen ohne Festumzug
«Mit einem Umzug wird die Problematik auf das ganze Dorf verzettelt.»
«Wir lassen uns nichts diktieren, weder von linken noch von rechten Extremisten», sagt der Ingenbohler Gemeindepräsident Urs Koller. Aus diesem Grund werden am 1. August der Festakt und das Feuerwerk im gleichen Rahmen wie bis anhin stattfinden. Eine gewichtige Änderung wird es aber dennoch geben: Der traditionelle Festumzug wird für dieses Jahr abgesagt. «Mit einem Umzug wird die Problematik auf das ganze Dorf verzettelt», begründet Koller diese Massnahme. Das endgültige Aus für den Festumzug sei die diesjährige Absage aber nicht, bekräftigt Koller: «Ich hoffe, dass wir die 1.-August-Feierlichkeiten im Jahr 2007 wieder ohne jegliche Einschränkungen durchführen können.»
Öffentliches Leben eingeschränkt
Durch das neu eingeführte Ticketsystem mit Polizeikontrolle für die Rütlifeier kann Brunnen wesentlich entlastet werden, ist der Schwyzer Regierungsrat Kurt Zibung überzeugt. Und auch für die Sicherheit der Bevölkerung ist laut Zibung bestens gesorgt. «Ich kann Ihnen versichern, das wir ausreichende personelle sowie materielle Sicherheitsmittel bereitstellen können», sagte er am Montagabend an der Ingenbohler Gemeindeversammlung. Durch den massiven Polizeieinsatz könnten das öffentliche Leben und der Verkehr in Brunnen aber gewisse Einschränkungen erfahren.
Flugblatt für Bevölkerung
Doch auch Zibung kann nicht ausschliessen, dass es bei Auseinandersetzungen zu Personen- und Sachschäden kommen könnte. Um schon im Vorfeld des 1. Augusts bestmöglich zu orientieren, wird die Polizei zusammen mit der Gemeinde Ingenbohl ein Infoblatt für die Bevölkerung erarbeiten.