Ist die SVP in den Widmer-Schlumpf-Strudel geraten?

Südostschweiz

Sieger und Verlierer in der Wahl um den Regierungssitz spielen den Einfluss der nationalen SVP-Streitigkeiten auf das kantonale Resultat herunter. Aber der SVP-Präsident ortet ein Komplott.

Von Daniel Fischli

Glarus. – Der frischgebackene Regierungsrat Andrea Bettiga führt seinen Erfolg darauf zurück, dass es ihm gelungen sei, neben seiner Stammwählerschaft die Mehrheit der ehemaligen Franz-Landolt-Wähler abzuholen. Sein liberales Profil, mit dem er sich von seinem konservativen Konkurrenten abgehoben habe, sei ausschlaggebend gewesen.

Anders als der Stammtisch und die nationalen Medien, die für die Ergebnisse kantonaler Wahlen Erklärungen in der nationalen Politik suchen, schätzt Bettiga den Einfluss der Querelen um Evelyne Widmer-Schlumpf vorsichtig ein. Dieser sei wohl «nicht unbedeutend» gewesen, erklärt er. Was wohl irgendwo zwischen «unbedeutend» und «bedeutend» angesiedelt werden muss.

Bettigas Parteipräsident Peter Zentner analysiert das Wahlergebnis ähnlich: «Ich denke, dass viel mehr Landolt-Wähler zu uns gewechselt haben als zu Werner Hösli.» Die Querelen in der nationalen SVP betrachtet Zentner für das Resultat als wenig bedeutend. Es habe wohl Einzelne gegeben, die grundsätzlich nicht SVP hätten wählen wollen, aber ausschlaggebend sei die Qualifikation seines Kandidaten gewesen.

Alle – samt Presse – gegen die SVP

Ganz anders sieht SVP-Präsident Peter Rothlin die Sache: «Ausschlaggebend war der 12. Dezember mit der Abwahl von Bundesrat Blocher.» Auch im Kanton Glarus seien nach demselben Muster nun alle andern Parteien zusammengestanden, um eine «Mehrheit der SVP in der Regierung» zu verhindern. Denn diejenige Partei mit zwei Regierungsräten sei im Gremium federführend.

Aber auch die Presse habe gegen die SVP agiert, indem sie «Scheinthemen» wie den Streit um Bundesrätin Widmer-Schlumpf oder den Aufmarsch von Rechtsextremen in Näfels aufgebauscht habe.

Der unterlegene SVP-Kandidat Werner Hösli dagegen will nicht «Kaffeesatz lesen». Der Streit um Evelyne Widmer-Schlumpf habe «wahrscheinlich in irgendeiner Form eine Rolle gespielt», aber entscheidend sei er wohl nicht gewesen.

Kein Weltuntergang für Glarus Süd

Der Hinterländer Werner Hösli bedauert, dass Glarus Süd mit dem Wechsel von Pankraz Freitag zu Andrea Bettiga nicht mehr in der Regierung vertreten ist. «Ein Hinterländer hätte seine Kenntnisse der Region einbringen können», erklärt er. Welche Auswirkungen auf Glarus Süd dies habe, sei schwierig zu beurteilen, Weltuntergangsstimmung sei aber sicher fehl am Platz.

Der neue Regierungsrat Andrea Bettiga dagegen versichert, dass die Randregionen wie das Hinterland, aber auch der Kerenzerberg sich von ihm vertreten fühlen dürften.

Und SVP-Präsident Peter Rothlin hat auch in dieser Frage eine pointierte Meinung: «Es ist staatspolitisch sehr fragwürdig, dass Glarus Süd nicht mehr in der Regierung vertreten ist.» Tritt die SVP deshalb beim nächsten Rücktritt eines FDP-, SP- oder CVP-Regierungsrates wieder an? Anders als bei früheren Gelegenheiten ist er nicht mit einer schnellen Kampfansage zur Hand: Darüber denke er nach, wenn es soweit sei.