Der Einzug von Dominic Bannholzer in den Gemeinderat von Günsberg ist zunächst als lokales Ereignis zu werten, das nur dank dem Proporzwahlverfahren und spezifischen Umständen möglich geworden ist (siehe Artikel nebenan). Trotzdem trägt der Wahlerfolg des 19-jährigen Strassenarbeiters historische Züge. Erstmals seit dem 2. Weltkrieg nimmt ein Rechtsextremer in einer Schweizer Exekutive Platz. Schon im letzten September hat Bannholzers «Partei der national orientierten Schweizer» (PNOS) für eine historische Wegmarke gesorgt, als sie einen Sitz im Langenthaler Parlament ergatterte. Sind die Schweizer Rechtsextremen nun salonfähig geworden?
«Vermehrt akzeptiert»
Hans Stutz, Journalist und Beobachter der rechtsextremen Szene, hat Günsberg «überrascht, aber auch erschreckt». Für weiter gehende Schlussfolgerungen sei es noch zu früh. Aber eines sei am Wochenende klar geworden: «Im national-konservativen Lager werden die Rechtsextremen vermehrt akzeptiert.» Es sei einfacher geworden, sich mit «diskriminierenden Vorstellungen in der Politik zu bewegen», sagt Stutz. Seit dem ersten Aufmarsch von Skinheads an der 1.-August-Feier auf der Rütliwiese im Jahre 2000 ist der Rechtsextremismus ein öffentlich diskutiertes Thema. Dies habe allerdings mehr mit den Medien als mit einem neuen Selbstverständnis der Rechtsextremen zu tun, so Hans Stutz. Skinheads seien nach wie vor medienscheu und würden ihre öffentlichen Auftritte lieber als Überraschung anlegen. Wegen ihren Wahlerfolgen werde die öffentliche Auseinandersetzung für die PNOS jetzt aber «unumgänglich».
Eine Skinhead-Partei
Die PNOS wurde im September 2000 im Umfeld der Skinhead-Gruppe Blood & Honour (Blut und Ehre) gegründet und hat sich seitdem als eine der wichtigsten rechtsextremen Gruppierungen im Lande etabliert. Die Partei dient als Vehikel zum Einstieg in die institutionelle Politik. Die PNOS versucht, auf Äusserungen zu verzichten, die auf die Herkunft aus dem gewalttätigen Rechtsextremismus hindeuten. Der Gewaltverzicht sei aber «möglicherweise nur strategisch», heisst es im Extremismusbericht des Bundesrates vom August 2004. Tatsächlich deutet vieles darauf hin, dass die Verbindung zu Skinheads weiterhin gut spielt. So ist der Bruder des Sängers der Skinhead-Band Indiziert aktives PNOS-Mitglied. Ein klandestin organisiertes Konzert in Thunstetten platzte im Dezember 2004 nur wegen einer Indiskretion. Die PNOS sucht die Konfrontation mit der Linken: Eine für den kommenden 1. Mai in Luzern geplante Demonstration ist von den Stadtbehörden allerdings nicht bewilligt worden.Das PNOS-Parteiprogramm offenbart eine bizarr anmutende Weltanschauung. Mit ihrer xenophoben, auf Rassenhygiene angelegten und aber auch sozialistisch-ökologisch angehauchten Grundhaltung lehnt sich die PNOS an ihr historisches Vorbild: Hitlers NSDAP in den 20er-Jahren. Für den Freiburger Strafrechtsprofessor Marcel A. Niggli ist das Parteiprogramm gar ein «klarer Fall für den Strafrichter».
Polizei im Dilemma
Die PNOS wolle nach dem jüngsten Wahlerfolg «sicher an weiteren Orten kandidieren», kündigte Pascal Lüthard, Stützpunktleiter Kanton Bern, gestern an. Damit gerät das Bundesamt für Polizei (BAP), dem die Beobachtung der rechtsextremen Szene obliegt, in ein Dilemma. «Das BAP kommentiert politische Wahlen nicht», erklärte Pressesprecherin Danièle Bersier gestern trocken. Im letzten Jahr haben die rechtsextrem motivierten Ereignisse in der Schweiz zugenommen (von 101 im Jahr 2003 auf 123 im Jahr 2004). Dies zeigen die Zusammenstellungen des BAP. Die Bundesbehörden haben also immer mehr zu tun, gleichzeitig sind ihnen teilweise die Hände gebunden. Die Strategie der PNOS scheint aufzugehen.