PHILIPP LOSER
Üble Bilder strahlte das Schweizer Fernsehen vergangene Woche aus: Im Extrazug zum Auswärtsspiel des FCB in Luzern wurden Nazi-Parolen skandiert. Der Verein distanziert sich.
Die aufgeputschte Meute wünscht sich singend eine U-Bahn von «Luzern direkt nach Auschwitz» und grölt danach mehrmals hintereinander den Nazi-Ruf «Sieg Heil!». Die verstörenden Bilder wurden Ende August von einer versteckten Kamera des Schweizer Fernsehens aufgenommen ? im FCB-Extrazug zum Auswärtsspiel in Luzern.
Der Beitrag der «Rundschau» von vergangener Woche zeigte am Beispiel des Super-League-Spiels zwischen Luzern und Basel die Vorbereitungen der Polizei auf die Euro 2008. Die Nazi-Parolen wurden nur am Rand thematisiert. Anders bei der Nachrichtensendung «10 vor 10»: In der Sendung vom Freitag stellte «10 vor 10» die Frage nach möglichen Ermittlungen wegen eines Verstosses gegen die Antirassismus-Strafnorm und kam zu einem ernüchternden Ergebnis: Anscheinend fühlt sich niemand für die Nazi-Gröler verantwortlich, weil die Verstösse in einem fahrenden Zug und damit auf dem Gebiet von mehreren Kantonen begangen worden sind. Die Eisenbahn, ein rechtsfreier Raum?
«Das stimmt so nicht», sagt Markus Melzl von der Basler Staatsanwaltschaft. Allerdings sei es etwas kompliziert, in einem solchen Fall die Zuständigkeit zu bestimmen. Beim Beispiel der Nazis im Zug handle es sich um ein «Distanzdelikt», bei dem der Ort der Handlung nicht mit Exaktheit bestimmt werden könne. «Darum sind die Behörden im letztmöglichen Tatort zuständig. In diesem Fall also die Luzerner Behörden.»
Die Basler Staatsanwaltschaft wird diese Woche eine Meldung nach Luzern machen und bietet ? falls gewünscht ? auch Rechtshilfe an. Ob die Luzerner bereits von sich aus Ermittlungen aufgenommen haben ? ein Verstoss gegen die Rassismusstrafnorm ist ein Offizialdelikt und muss von Amtes wegen verfolgt werden ?, ist unklar. Gestern Sonntag war bei der Luzerner Polizei niemand zu erreichen, der gewillt war, Auskunft zu geben.
«Wehret den Anfängen». Beim FC Basel ist man geschockt über die Bilder in der «Rundschau»: «Ich appelliere an alle Fans des FC Basel sich von solchen Individuen zu distanzieren», sagt FCB-Sprecher Josef Zindel. Bereits im Frühjahr geriet der FCB wegen eines Nazi-Problems in die Schlagzeilen: Im Spiel gegen den FC Zürich wurde im Basler Fansektor eine Reichsflagge aufgehängt: «Ich hielt das damals für einen sehr schockierenden Einzelfall», sagt Zindel, «jetzt passiert es aber zum zweiten Mal. Wir werden das nun sofort intern thematisieren. Ganz im Sinne: Wehret den Anfängen.»
Man habe im Umkreis des FC Basel in den 80er-Jahren gewisse Probleme mit rechtsextremen Tendenzen gehabt, so der FCB-Sprecher ? seither sei es aus dieser Ecke aber ruhig geblieben. «Strömungen dieser Art werden wir auf keinen Fall tolerieren.»