Fedpol Keine konkreten Terrorismus-Hinweise
Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) setzt im jüngsten Jahresbericht einen dschihadistischen Akzent. Hinweise auf konkrete Gefahren durch islamistische Terroristen gab es 2007 zwar keine. Man habe aber auch nicht die Mittel, um richtig zu suchen, heisst es beim Fedpol.
Als «Propagandaraum» für Islamisten hat das Bundesamt für Polizei die Schweiz schon in früheren Jahren identifiziert. Offenbar hat die Propaganda hierzulande inzwischen aber auch verfangen: Ein rund 20-jähriger gebürtiger Nordafrikaner mit Schweizer Aufenthaltsbewilligung soll 2007 im Irak «im Kampf gegen die US-Armee gefallen» sein. Dies erklärte Urs von Daeniken, Chef des Inlandgeheimdienstes, gestern an der Jahresmedienkonferenz des Fedpol. Über die genaue Identität des Verstorbenen wollte sich von Daeniken ebenso wenig äussern wie über die Todesumstände. Die Zurückhaltung begründete der Geheimdienstchef mit Rücksicht auf die in der Schweiz lebenden Angehörigen.
Geheimnisvolles Raunen
Laut von Daeniken wurde der Mann auf einer der weltweit 3000 islamistischen Websites radikalisiert. Grundsätzlich sei es aber auch im Umfeld einzelner Schweizer Moscheen möglich, mit islamistischer Propaganda in Kontakt zu kommen. Von Daeniken: «Regelmässig wenden sich gemässigte Muslime mit Hinweisen auf Gastauftritte islamistischer Hassprediger an die Polizei.» Laut Auskunft eines ranghohen Mitarbeiters der Bundespolizei befindet sich derzeit «vielleicht eine Handvoll Personen mit einem Bezug zur Schweiz» entweder in Trainingscamps für Terroristen in Pakistan oder im Einsatz im Irak. Islamistischer Gewaltextremismus und Terrorismus stehen ebenfalls im Zentrum des Fedpol-Jahresberichts 2007 – in den Vorjahren wurden die Bulletins prominent mit Ausführungen zu Links- und Rechtsextremismus eröffnet. Diese Akzentverschiebung erstaunt auf den ersten Blick insofern, als sich die Gefahr des islamistischen Terrors in der Schweiz gemäss Bericht im vergangenen Jahr nicht verschärft hat. Wie schon in den Vorgängerberichten erschöpfen sich die Ausführungen über den islamistischen Terror in geheimnisvollem Raunen und allgemeinen Hinweisen auf die weltweite Gefahr. Fedpol-Chef Jean-Luc Vez schreibt im Vorwort: «Nach wie vor konnten in der Schweiz keine konkreten Vorbereitungshandlungen für einen Anschlag nachgewiesen werden.»
Nötige Mittel fehlen
Wie Vez erklärte, ist diese Bemerkung allerdings kaum als erfreuliche Botschaft zu lesen. Für den obersten Staatsschützer ist der Umstand, dass keine Bedrohung entdeckt werden konnte, ein Indiz dafür, dass seinen Mitarbeitern die nötigen Mittel fehlen, um die Gefahren zu orten. Ihn beschleiche ein «komisches» Gefühl, wenn er sehe, was im Ausland geschehe, fuhr Vez fort. Westeuropa sei eine Arena des Dschihadismus. «Entweder sind wir wirklich eine Insel, oder es gibt Dinge, die man nicht sieht bei uns.» In diesem Zusammenhang kam Urs von Daeniken auch auf den Irak-Reisenden aus der Schweiz zu sprechen – und man wurde den Eindruck nicht los, als seien die Bundespolizisten nicht einmal so traurig, wenigstens mit einem Terrorbeispiel mit Schweizer Bezug aufwarten zu können.
Vor der Nationalratsdebatte
Jedenfalls drängt sich die Vermutung darüber auf, was hinter der Hervorhebung der islamistischen Gefahr im jüngsten Fedpol-Jahresbericht steckt: In der Herbstsession berät der Nationalrat eine Reform des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit. Bundesrat Schmid möchte diesem die Kompetenz verleihen, auf Verdacht hin Telefone abhören und Postverkehr abfangen zu können.