Wegen Rassismus verurteilt
In Burgdorf stand unter anderem der ehemalige Pnos-Kantonalpräsident wegen eines Vorfalls an der Solätte 2005 vor Gericht
An der letztjährigen Burgdorfer Solätte wurde ein junges Paar von einer Gruppe Rechtsgerichteter verfolgt. Auf einer Restaurantterrasse kam es zur Schlägerei, wobei der Mann durch ein zerbrochenes Glas an Kopf und Brust ernsthaft verletzt wurde. Ein Restaurantgast wurde als «Saujude» beschimpft, nachdem er mit weiteren Anwesenden seiner Gymnasialverbindung das Paar zu schützen versuchte.
Der Prozess gestern vor dem Strafeinzelrichter in Burgdorf brachte nur bedingt Licht in den Vorfall. Die als Zeugen vorgeladenen Verbindungsmitglieder und die junge Frau hatten im Durcheinander nicht alle Einzelheiten wahrgenommen. Ein Skinhead, ebenfalls Zeuge, erinnerte sich kaum mehr, wer ausser ihm noch zugeschlagen hatte. Er war vom Jugendgericht bereits wegen Angriffs verurteilt worden.
Richter Jürg Bähler erachtete es als erwiesen, dass dem Paar nebst dem Skinhead mindestens der heute 22-jährige damalige Kantonalpräsident der rechtsgerichteten Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) sowie ein heute 20-jähriger Lehrling gefolgt waren. Beide sassen gestern als Angeklagte vor Gericht. Erwiesen war für Bähler auch, dass der Lehrling einen Sonnenschirmsockel in unfriedlicher Absicht aufgehoben und dass der Pnos-Mann den jüdischstämmigen Gast als «Saujuden» bezeichnet hatte. Weiter war klar, dass die Aggression einseitig von den Rechtsgerichteten ausgegangen war und das Opfer einen Pfefferspray aus Notwehr eingesetzt hatte. Nicht klären konnte Bähler, wer dem Opfer die Schnittwunden zugefügt hatte.
Gleichzeitig mit dem Vorfall wurden gestern weitere Straftaten verhandelt. So hatte der Ex-Pnos-Präsident im November im aargauischen Murgenthal in einem Jugendtreff CDs mit nationalsozialistischen Inhalten verbreitet. Und der Lehrling hatte sich in einer Januarnacht an einer Auseinandersetzung im Bahnhof Burgdorf beteiligt, wo sich Leute mit Schottersteinen beworfen hatten. In diesem Fall laufen weitere Verfahren.
Richter Bähler verurteilte den Ex-Pnos-Präsidenten wegen zweimaliger Verletzung der Rassismusstrafnorm zu einer Busse von 200 Franken, einer Genugtuung von 100 Franken und zur Übernahme der Verfahrenskosten. Vom Vorwurf des Raufhandels und der Körperverletzung wurde er freigesprochen. In diesem Punkt widersprach Bähler dem Antrag des Anwalts des Gewaltopfers und entsprach dem Verteidiger. Den Lehrling verurteilte Bähler wegen Angriffs zu 30 Tagen Gefängnis bedingt, 500 Franken Busse, 500 Franken Genugtuung, Übernahme der Anwaltskosten des Opfers sowie der Verfahrenskosten. Auch wenn ihm die Körperverletzung nicht zur Last gelegt werden könne, sei er doch einer der Initianten der Gewaltakte gewesen, sagte Bähler. In gewissem Sinn sei er aber ein «Bauernopfer». Weitere, dem Gericht nicht bekannte Personen, hätten sich am Angriff beteiligt. Die Verurteilung des Lehrlings erfolgte auch wegen Störung des Eisenbahnverkehrs, Sachbeschädigung und Landfriedensbruchs am Bahnhof Burgdorf.
Beide Angeklagte sind vorbestraft. Die 10-tägige bedingte Gefängnisstrafe des Lehrlings wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand im April 2005 wurde in eine unbedingte Strafe umgewandelt, da er nun wiederholt delinquent geworden sei. Er wird gemeinnützige Arbeit leisten können. Die 20-tätige bedingte Gefängnisstrafe des Ex-Pnos-Präsidenten wegen Gewalt in Langenthal vor zwei Jahren wurde hingegen nicht umgewandelt, da er nicht wieder gewalttätig geworden sei. «Dies ist aber die letzte Chance», sagte Bähler.