In Ennetbürgen sind Schüler mit patriotisch-nationalen Ideen umworben worden. Die Polizei war sofort vor Ort und legte zwei Männer in Handschellen.
Von Urs Rüttimann
Zwei junge Männer haben auf dem Pausenplatz der Schule Ennetbürgen am Mittwochmorgen ein Flugblatt mit patriotisch-fremdenfeindlichem Inhalt verteilt. Die Schulleitung hat sofort reagiert und die Polizei informiert. «Wir führten die beiden Männer in Handschellen ab, weil sie sich nicht kooperativ verhielten, und unterzogen sie einer Personenkontrolle», sagt Jürg Wobmann, Leiter der Kriminalpolizei. Bei einem der beiden Männer handelte es sich um Martin Schnurrenberger, wie unserer Zeitung aus gesicherten Quellen vorliegt. Dieser gehört der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) an und ist Vorsitzender der Ortsgruppe Küssnacht am Rigi.
Fremdenfeindliche Parolen
Unter dem Titel «Verteidigt die eidgenössischen Fundamente!» wird auf dem Flugblatt unter anderem gegen die Einbürgerung von «Kulturfremden», gegen die multikulturelle Gesellschaft und gegen das Rassismusgesetz mobilisiert. Zusätzlich zu diesen fremdenfeindlichen Parolen wird eine «Urschweiz» propagiert, deren Schicksal selbst in die Hand genommen werden müsse, da «behördliche Willkür» und eine anscheinend unfähige Regierung Missstände produziere. Abschliessend, unter Beifügung einer Adresse für Fragen und Anregung, ist auf dem Flugblatt zu lesen: «Wo wir stehen, steht die Treue. Unser Schritt ist Befehl.»
Bei der Durchsuchung der beiden Männer fand die Polizei zusätzlich zum Flugblatt auch Broschüren der Pnos. Diese Broschüre, die vermutlich dank dem schnellen Einsatz der Polizei nicht verteilt werden konnte, enthält gemäss Wobmann keine «strafrechtlich ahndbare Parolen». Die Pnos wird von der Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz sowie der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus als Gruppierung eingestuft, die gedanklich an die «rechtsextremistischen Parteien zwischen den beiden Weltkriegen» anknüpft und in ihrem Parteiprogramm unter der Bezeichnung «Eidgenössischer Sozialismus» einen autoritären Staat verlangt.
Wieder auf freiem Fuss
Wobmann spricht im Bezug zu Broschüre und Flugbatt von «tendenziell rechtsradikalem Gedankengut»: «Die Parolen sind eher patriotisch; Rassismus und Nationalsozialismus sind nicht direkt angesprochen. Der Leser weiss aber, um was es geht.» Die beiden Männer, die auf dem Schulhausplatz für eine solche Politik geworben hatten, wurden nach der Befragung wieder auf freien Fuss gesetzt. Etwas Handfestes konnte ihnen nicht nachgewiesen werden. «Strafrechtlich ist die Verteilung solcher Politwerbung ein Bagatellfall. Wir wissen aber sehr wohl um die politische Brisanz des Vorfalls.»
Instrumentalisierung der Medien
Wobmann weist darauf hin, dass die Befragung sich als schwierig erwies. «Unsere Fragen wurden mit gebetsmühlenartig wiederholten Standardsätzen pariert. Ein solcher Ablauf ist für Leute aus dem Milieu der politischen Rechten typisch.» Weiter wurde von den beiden Befragten die Medienarbeit zum kürzlichen Fall von verbaler Gewalt gegenüber einem Lehrer an der Schule Ennetbürgen instrumentalisiert (siehe Kasten). Der Polizei gegenüber sagten die Befragten, sie hätten über die Medien von den Missständen an der Schule in Ennetbürgen erfahren. Deshalb hätten sie sich berufen gefühlt, dort wieder für Ordnung zu sorgen.
Vorfall besonnen angehen
«Von Seiten der Pnos war dies unseres Wissens der erste konkrete Vorfall im Kanton Nidwalden», hält Wobmann fest. «Wir sind sofort dagegen vorgegangen.» Gleichzeitig lässt er aber auch seinen Befürchtungen freien Lauf, dass die patriotisch-nationale Werbekampagne der Pnos zu einem nationalen Medienspektakel aufgeblasen werden könnte. «Im ländlichen Nidwalden gibt es keine rechtsextremen Nester mit schlagkräftiger Organisation».
Trotzdem will die Nidwaldner Kriminalpolizei dem Problem des Rechtsextremismus mit höherer Aufmerksamkeit begegnen. Solche Kreise würden beispielsweise an Gedenkfeiern vermehrt aktiv und versuchten Leute zu umwerben, sagt Wobmann. Zudem steige die Zahl deren Sympathisanten, vor allem unter Jugendlichen. «Jetzt wollen wir verhindern, dass solche Leute bis in die Schulen vordringen.» Mit ständiger Präsenz und sofortigem Einschreiten sollen rechtsextreme Organisationen zermürbt und von Nidwalden ferngehalten werden, skizziert Wobmann die regressive Strategie der Polizei.
Ebenso wünscht sich Wobmann, der vor seiner Arbeit bei der Polizei als Lehrer Jugendliche unterrichtet hat, von Seiten der Medien eine differenzierte Berichterstattung. «Jugendliche und Schüler, die noch in der Pubertät stecken, als „rechtsextreme Ungeheuer“ darzustellen, ist nicht gerechtfertigt.» Was sich seiner Erfahrung nach bisher in Ennetbürgen abgespielt hat, sind Konflikte zwischen Jugendlichen ausländischer und schweizerischer Herkunft.
Wachsende Gewalt an der Schule
An der Schule in Ennetbürgen scheint Gewalt in einem bedenklichen Mass zugenommen zu haben. Jugendliche aus der Region erzählen, dass die wenigen Schüler ausländischer Herkunft stark unter Mobbing zu leiden hätten. Ebenso kursieren rechtsextreme und rassistische Sprüche und Ideen. Die Schulpräsidentin und der Schulleiter konnten zurzeit nicht zu diesem Problem befragt werden. Seit dem späten Mittwochnachmittag waren sie telefonisch nicht erreichbar.