«Mensch mit zwei Gesichtern»

SolothurnerZeitung

Gerard Menuhin fungiert als Präsident der Yehudi-Menuhin-Stiftung Grenchen. Seit längerer Zeit publiziert er in einem Blatt rechtsextremer Kreise (siehe gestrige Ausgabe). Vertreter der Stiftung erklären, weshalb sie am Präsidenten festhalten.

«Grundsätzlich haben wir Mitglieder der Yehudi-Menuhin-Stiftung eine andere politische Auffassung als deren Präsident Gerard Menuhin», erklärt Urs Tschudin, Geschäftsführer der Stiftung. Die Stiftung sehe aber keinen Grund wegen Menuhins Äusserungen auf seiner Webseite (www.gerard-menuhin.de), das Präsidium in Frage zu stellen. «Solange seine Äusserungen im legalen Rahmen ablaufen, und er nicht gegen das Anti-Rassismusgesetz verstösst, bewegt er sich, so die Meinung der Stiftung, im Toleranzbereich der Demokratie.» Als besonders kritisch empfindet Tschudin, dass Menuhin die deutsche National-Zeitung zu seiner Plattform erwählt hat. Diese ist laut deutschem Innenministerium dem «einschlägigen rechtsextremistischen Umfeld zuzurechnen». «Mir hat er ab und zu geklagt, dass er keine andere Plattform für seine Publizierungen erhalte.» Urs Tschudin erklärt zudem, dass er sich mit den Texten von Gerard Menuhin «nicht tief auseinandergesetzt» habe.

Gerard Menuhin sei ein Mensch mit zwei Gesichtern. «Er setzt sich sehr stark für die Stiftung ein. Er nimmt an den Sitzungen teil, obwohl er jeweils aus London einfliegen muss, und er verzichtet auf jegliches Entgelt.» Profitieren könne die Grenchner Stiftung vom Netzwerk Menuhins, beispielsweise von seinen Verbindungen zum Gstaader Menuhin-Festival. «Keiner seiner Familie, weder Jeremy noch sein Halbbruder oder seine Halbschwester, würde sich für die Stiftung derart stark engagieren wie Gerard», ist Tschudin überzeugt.

«Für gebildete Menschen»

Gerard Menuhin will die Fragen dieser Zeitung zu seiner Rede nicht beantworten. Er erklärt in einem E-Mail: «Meine mit Statistiken belegte einstündige Rede war natürlich für gebildete Menschen gemeint. Ich habe mir auch die Mühe gegeben (in seiner Rede, die Red.) zu zeigen, wie Arbeit unter jungen Leuten geschaffen werden kann.»

In einer Stellungnahme reicht die Pressesprecherin Silvia Rietz das Protokoll der Sitzung nach, in der die Frage um das Präsidium auf den Tisch kam. Die Sitzung fand im Februar 2006 statt. «Die Mitglieder stellen fest, dass sie die Person von Gerard Menuhin grundsätzlich schätzen, auch wenn dessen politische Meinungen von derjenigen der übrigen Stiftungratsmitglieder sehr weit auseinander liegen. Im Gegensatz zur Yehudi-Menuhin-Stiftung Deutschland, die mit Musik Kulturen und Religionen zusammenbringen will, lautet der Stiftungszweck der Menuhin-Stiftung Grenchen, die Musikerziehung Jugendlicher und junge Musiker zu fördern. Deswegen wird im Moment kein Handlungsbedarf festgestellt», so der Protokollauszug. Die deutsche Stiftung enthob Ende 2005 ihren damaligen Präsidenten Gerard Menuhin vom Amt.