Vorfälle mit Rechtsextremen haben das Image der Berner Gemeinde Burgdorf massiv geschädigt. Nun hat sich die Kleinstadt des Problems angenommen und den Psychologen Allan Guggenbühl und sein Institut für Konfliktmanagement und Mythodrama mit einer Studie beauftragt, die die Gewaltprobleme, insbesondere das Problem rechter Gewalt beleuchten soll.
Guggenbühl kommt zum Schluss, dass das schlechte Image der Kleinstadt in erster Linie eine Folge von übertriebener Ausschlachtung einzelner Vorfälle durch die Medien sei. Das Gewaltproblem sei nicht grösser als sonstwo. Wie er zu dieser Erkenntnis gelangt ist, vermag er nicht plausibel darzulegen. Die Feststellung Guggenbühls, dass Burgdorf nicht als Hort der Rechtsextremen bezeichnet werden könne, beruhigt aber Gemeinderat und JugendarbeiterInnen und bestärkt die Stadt in ihrer Annahme, mit der Jugendarbeit auf dem richtigen Weg zu sein.
Weil der Bericht weder schlüssig noch in seiner Entstehung nachvollziehbar wirkt, hagelte es von verschiedenen Seiten Kritik. So wirft etwa der Burgdorfer Anwalt Daniel Kettiger Guggenbühl «fehlende Wissenschaftlichkeit vor» und forderte die Burgdorfer Exekutive auf, das Papier zurückzuziehen. Auch SP-StadtparlamentarierInnen wie Nadaw Penner und Martin Süess verrissen die Analyse des Psychologen mit einer langen Mängelliste. VertreterInnen der Stadt hätten Einfluss auf die Gestaltung und das Durchführen der Studie genommen, was wissenschaftlich nicht haltbar sei.
Guggenbühl erwiderte auf die Vorwürfe in einem Interview des Berner «Bunds»: «Es ging gar nicht um eine breite wissenschaftliche Untersuchung, sondern um eine Bestandesaufnahme.» Für eine grössere Studie habe das Geld gefehlt. Er sei ein genauer Kenner der Jugendszenen und wolle nicht Theorien und Thesen verfassen, die nichts mit der Realität zu tun hätten, sondern sich jenseits von Links-rechts-Debatten als Praktiker mit dem Problem befassen.
Keine jugendlichen Flausen
Die Bestandesaufnahme sah konkret so aus: Das Team befragte neunzehn Personen, die mit der Szene in Burgdorf direkt zu tun haben, so auch die Wirte der Szenelokale. Dabei stellte Guggenbühl nichts Auffälliges fest; nur eine Minderheit der Befragten konnte von eigenen Gewalterlebnissen erzählen. Dass Guggenbühl nicht berücksichtigt, dass ein Wirt nicht darauf aus sein kann, seine StammkundInnen als gewaltbereite Rechtsextreme zu bezeichnen, ist nur eines der vielen Dinge, die das Vorgehen des Psychologen fragwürdig wirken lassen.
Fälschlicherweise würden die Vorfälle in Burgdorf in ein politisches Schema gezwängt, meint Guggenbühl. Auch das ist befremdend, zumal er in seinem Bericht Hitlergrüsse und einen Vorfall erwähnt, der sich im Zuge seiner «Feldforschung» zugetragen hat: Drei junge Männer, zwei hell- und ein dunkelhäutiger, sollten in den Szenetreffpunkten die Stimmung einfangen und mit den Jugendlichen Kontakt aufnehmen. Im Lokal, das als Treffpunkt der Rechtsextremen bekannt ist, wird der Dunkelhäutige in die Toilette eingesperrt, während im Saal rassistische Sprüche skandiert werden. Weil bei Burgdorfs Rechtsradikalen eine straffe Organisation und eine Führerkultur fehlten, tut Guggenbühl diese Ereignisse als jugendliche Flausen ab: Neonazis weggeforscht, Gemeinde zufrieden.