Die rechte Frau von nebenan

Annabelle

Die rechte Frau von nebenan

Treffen sie sich mit ihren kahl geschorenen Gesinnungsgenossen, so fallen sie uns auf. Begegnen sie uns allein, bleiben wir oft ahnungslos: Die neuen rechtsextremen Frauen haben Springerstiefel und Bomberjacke abgelegt. Und machen in der Szene Karriere.

Denise Friederich ist 16 Jahre alt und wohnt in Bellach, einem Vorort von Solothurn. In einer Siedlung, wo die Mieten günstig sind, wo gestohlen und geflucht wird, wo die Kinder abends lange draussen sind, wo die Bosnier Lämpen mit den Serben haben und die mit den Türken und die mit den Schweizern. Es ist gegen Ende der Schulzeit, im Jahr 2002. Denise Friederich fällt ein Buch über die Jugendkultur der Skinheads in die Hände. Sie wird neugierig. Etwas später lernt sie durch Kollegen eine rechtsextreme Skinhead-Clique aus Solothurn kennen. Sie verliebt sich in einen der Jungs. Fortan hängt sie oft mit der Clique rum, sie gehen etwas trinken oder hören Musik von Bands, die Landser oder Indiziert heissen, besuchen ab und zu ein Konzert. Manchmal prügeln sich die rechten Jungs mit den linken Punks. In der Clique ist man sich einig: Es gibt zu viele Ausländer in der Schweiz und niemanden, der etwas dagegen unternimmt. Denise Friederich sagt: «Das war der Anfang, obwohl ich damals natürlich noch nicht so weit dachte wie heute.»

Aus dem unauffälligen Mädchen aus dem Block nebenan wird in wenigen Monaten eine Reenie, eine Skinbraut. Sie trägt nun Springerstiefel, Poloshirt, Harring- ton- oder Bomberjacke. Ihre Mutter sagt: «Kannst du nicht andere Schuhe anziehen?» Sonst nichts. Sie interessiert sich nicht für Politik und hat zudem andere Probleme: Sie zieht die beiden Kinder allein gross. Das Geld, das sie als Putzfrau und Verkäuferin verdient, reicht kaum. Einmal geht sie aufs Sozialamt, dort sagt man ihr, sie müsse ihr Auto verkaufen, wenn sie Unterstützung erhalten wolle. Wieder zu Hause, schimpft die Tochter auf die Nachbarn, Ausländer, die «ohne schlechtes Gewissen» Sozialgeld beziehen würden, das doch den Schweizern zustehe. Die Mutter gibt ihr Recht.

Auch der Lehrer spricht Denise Friederich nicht darauf an, dass sie anders geworden ist. Nur einige ausländische Mitschüler rufen ihr jetzt «Scheissfascho» nach. Doch das spornt sie erst recht an. In dieser Zeit fühlt sie sich in der Skin-Clique bereits aufgehoben, hat das Gefühl «Da gehöre ich hin». Deshalb bleibt sie auch dabei, als sie sich von ihrem Freund trennt. Nach der Schule beginnt sie eine Kochlehre. Mit ihrer Gesinnung eckt sie nicht an, der Lehrmeister denkt ähnlich wie sie. Und im Restaurant, wo sie später kocht, kann man ihre Einstellung «nachvollziehen».

Die rechtsextreme Szene in der Schweiz besteht aus rund 1200 Menschen, davon sind rund 100 bis 200 Frauen, schätzt Jürg Bühler vom Dienst Analyse und Prävention der Schweizer Bundespolizei. Das sind, darin ist er sich mit andern Beobachtern der Szene einig, «eindeutig mehr» als in den Neunzigerjahren. An rechtsextremen Konzerten und andern Events sind heute, so Jürg Bühler, bis zu dreissig Prozent der Grölenden Frauen. An Propagandaveranstaltungen liegt der Frauenanteil bei fünf bis zehn Prozent. Geht es um gewalttätige Vorfälle, sind Frauen nur in Ausnahmefällen direkt beteiligt, sie feuern ihre Freunde lieber an, unterstützen sie als Chauffeusen oder Sanitäterinnen. Seit mehr Frauen zur Szene gehören, hat diese ein Problem weniger: Bisher stiegen viele Neonazis aus, weil sie ausserhalb eine Freundin fanden. Heute findet man sich immer häufiger innerhalb.

Warum sich Schweizerinnen der rechtsextremen Szene zuwenden, ist bislang unerforscht. «Bis vor wenigen Jahren hat man sich hier zu Lande überhaupt kaum mit dem Rechtsextremismus beschäftigt», sagt Damir Skenderovic, Historiker an der Uni Freiburg. Erst als Rechtsextreme im Jahr 2000 die 1.-August-Feier auf dem Rütli störten, wurde das Nationalfondsprogramm 40+ über Ursachen des Rechtsextremismus und geeignete Gegenmassnahmen gestartet. Keines der 13 Projekte ist jedoch den Frauen in der Szene gewidmet.

Also kann man weiterhin nur vermuten, warum Frauen rechtsradikal werden. Damir Skenderovic, Ko-Leiter eines 40+-Forschungsprojekts, das sich mit rechtspopulistischen Parteien in der Schweiz beschäftigt, hält es für möglich, dass Frauen die sexistischen Diskriminierungen, die sie in ihrem Alltag erleben, aus ihrem Lebensumfeld auslagern und pauschal Ausländern zuschreiben. So könne in der «Eigengruppe» eine Scheinharmonie aufrechterhalten bleiben. Solche «frauenspezifischen» Motive sollten aber nicht überbewertet werden, relativiert der Historiker. Sie seien zwar erhellend – wie es männerspezifische übrigens genauso wären -, dürften aber nicht dazu verleiten, das Verhalten der Frauen zu entschuldigen: Rechtsradikale Frauen sind seiner Ansicht nach keine Opfer der Gesellschaft, sondern Täterinnen. Sie werden – wie Männer auch – in erster Linie rechtsradikal, «weil sie sich von dieser Ideologie angesprochen fühlen».

Die deutsche Forschung zum Thema, die seit Anfang der Neunzigerjahre einige Studien hervorgebracht hat, ging ursprünglich von folgender These aus: Die rechtsextreme Szene mit ihrem traditionellen Rollenmodell sei für überforderte Frauen attraktiv, weil sie ein Leben ohne Doppelbelastung anbiete. Diese Vermutung konnte aber nicht erhärtet werden. Also suchte man nach anderen, manchmal hilflos anmutenden Erklärungen: Ist Ausgrenzung etwa in der weiblichen Fürsorglichkeit angelegt, die sich nur auf den engsten Familienkreis bezieht? Oder suchen Frauen in der machoiden Szene einen «Beschützer»? Andere Fachleute untersuchten die Biografien der rechtsextremen Frauen – bei fast jeder fanden sie ein schwieriges Lebensthema.

Die deutsche Politologin Renate Bitzan, die sich seit Jahren mit dem Phänomen befasst und deren Buch «Selbstbilder rechter Frauen. Zwischen Antisexismus und völkischem Denken» als Standardwerk gilt, will sich auf keine dieser Thesen festlegen. Sie sagt: «Die Motive der Frauen sind so unterschiedlich wie ihre Biografien. Und die rechtsextreme Szene hat für jede ein Angebot parat: von Zurück-an-den-Herd bis zur schnellen politischen Karriere.»

Im Sommer 2003 lernt Denise Friederich A. R. kennen. An einer «Hundsverlochete», wie sie sagt. Die beiden werden ein Paar. A. R. ist Gitarrist der Burgdorfer Rechtsrockband Indiziert. Er ist wegen rechtsextremer Gewalt bereits mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Die erste Indiziert-CD steht in Deutschland auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften. Die Songs der Band heissen «Eidgenössischer Widerstand», «Asylant» oder «Artikel 261». Denise Friederich gefällt die Musik, weil es um die Schweiz und Schweizer Geschichte geht und «weil die Texte sagen, was Sache ist».

Vor allem ist sie damals beeindruckt, wie viele Jugendliche die Band mit ihrer Musik erreicht. Auch sie möchte etwas bewirken, nicht mehr bloss mit gleich gesinnten Skins rumhängen. Sie spricht mit einem Kollegen, der früher mal für die rechtsradikale Pnos (Partei National Orientierter Schweizer) gearbeitet hat. Und kommt zum Schluss, dass der «politische Weg» für sie der richtige sei.

Gegründet wurde die Pnos im Jahr 2000 von ehemaligen Exponenten der Skinhead-Organisation Blood & Honour. Das bis vor kurzem gültige Parteiprogramm hatte viele Parallelen zu jenem der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei). In der überarbeiteten Fassung sind diese zwar gestrichen, trotzdem ist auch das neue Papier durch und durch nationalistisch. Das Bürgerrecht sollen höchstens «kulturverwandte» Ausländer erhalten, heisst es dort – per Abstimmung. «Ein Afroamerikaner, der den Schweizer Pass hat, ist für mich kein Schweizer», sagt Denise Friederich, «ein Schweizer hat seine Kultur, seine Sprache, seine Wurzeln und seine Geschichte. Das bindet ein Volk zusammen, das muss stimmen.» An die Urne soll laut Parteiprogramm nur dürfen, wer Sozial-, Arbeits- oder Militärdienst geleistet hat – das gilt auch für Schweizer. Die Partei ist zurzeit mit je einem Mandat im Stadtrat von Langenthal und im Gemeinderat des solothurnischen Günsberg vertreten. Sie wird von der Bundespolizei ständig beobachtet, weil führende Parteimitglieder immer wieder in Gewalttaten verwickelt waren.

Denise Friederich kontaktiert die Partei im Herbst 2004 zum ersten Mal, gemeinsam mit zwei Kollegen aus der Skinheadszene. Die beiden Männer werden zu einem Gespräch eingeladen, Denise Friederich nicht. Erst als die beiden Kollegen von einer Mitarbeit absehen, lädt man sie ein. Das Gespräch verläuft erfolgreich. Die 19-Jährige, noch in Skin-Kluft, ist die erste Frau in der Parteileitung. Und, zumindest in der Schweiz, die erste rechtsextreme Frau der jüngeren Generation, die sich derart exponiert. Anfangs, sagt sie, habe sie sich das Vertrauen der männlichen Funktionäre erarbeiten müssen. Doch dafür hat sie Verständnis. «Frauen haben es sich selbst zuzuschreiben, dass sie in der Szene lange als Anhängsel wahrgenommen worden sind. Viele kamen wegen des Freunds und gingen wieder, wenn sie sich getrennt hatten.» Doch das ändert sich nun: Die Frauen seien selbstbestimmter geworden. Und die Männer toleranter. «Man will, dass die Frauen auch etwas machen können.»

Für die Pnos ist dies eine lohnende Strategie. Sie versucht nämlich derzeit, ihr Image aufzupolieren, distanziert sich von der NSDAP und (zumindest rhetorisch) von Gewalt. «Und sie scheint Frauen gezielt einzusetzen», sagt Jürg Bühler vom Dienst Analyse und Prävention der Schweizer Bundespolizei. «Sie dienen als Sympathieträgerinnen und sollen nach aussen hin die Harmlosigkeit der Partei dokumentieren. Ausserdem erhofft man sich, so potenzielle Wählerinnen anzusprechen.» Es ist also nur folgerichtig, dass Denise Friederich vor einem Jahr zur Stellvertretenden Mediensprecherin gemacht worden ist. Inzwischen trägt sie wieder normale, adrette Kleidung. In Interviews vertritt sie das Parteiprogramm, als wäre es ihr in den Leib geschrieben, bestimmt, aber niemals aggressiv. Sie ist ein fröhlicher Mensch. Und so höflich, dass sie auch als Empfangsdame eines Fünfsternehotels durchgehen würde. «Dass ich ein anderes Bild abgebe, wird von der Partei schon sehr geschätzt», sagt sie. Missbraucht fühlt sie sich deswegen aber nicht, «ich mache es ja aus Überzeugung».

Ihr Lieblingsthema ist die «soziale» Seite der Partei. Sie möchte zeigen, dass sich die Pnos auch für den Jugendschutz, für eine bezahlbare Gesundheitspolitik, für Tier- und Naturschutz und Familien einsetzt. Das wichtigste Ziel ihrer Familienpolitik ist es, die Schweizerinnen dazu zu bringen, wieder mehr Kinder zu haben. Denn Denise Friederich hat Angst davor, «dass meine Kinder später mal die einzigen Schweizer in der Schulklasse sein werden». Sie möchte Abtreibungen verbieten und «einheimische» Familien mit grosszügigen Kindergeldern unterstützen. Die Frau sei «naturgemäss» für die Erziehung der Kinder verantwortlich, sagt sie. Im «Zeitgeist», dem Parteiblatt der Pnos, wurde die Aufgabe der Frau einmal so beschrieben: «Sie ist für die Reinheit des Stammbaums verantwortlich. (…) Ihre Muttermilch, ihre Märchen und Lieder, ihre Liebe und Fürsorge legen den Grund für gesunde und starke Kinder, die ein gesundes und starkes Volk ausmachen» – Gedankengut wie im Dritten Reich. Mutter sein ist wieder etwas Ehrenhaftes, Denise Friederich ist der Meinung: «Mütter sollten für den Dienst, den sie am Volk leisten, entlöhnt werden.»

Auch in Deutschland sehen sich rechtsextreme Frauen als Retterinnen einer untergehenden Gesellschaft: «Wir wissen», schreibt etwa die Gemeinschaft Deutscher Frauen (GDF) auf ihrer Homepage, «wie wichtig die Stellung der Frau im Schicksalslauf unseres Volkes ist.» Nur die Figur der Mutter könne den Wertezerfall aufhalten. Anders als in der Schweiz sind die Frauen in Deutschland bereits organisiert, um «Frauenthemen» kümmern sich Frauengruppen. Die GDF richtet sich an Mütter, im Sanitätsdienst «Braunes Kreuz» finden sich Hobbykrankenschwestern, Kinderlose treten dem Mädelbund bei, wieder andere packen im Namen der Hilfsgemeinschaft Nationaler Gefangener Päckchen für inhaftierte Kameraden.

Auf der Website der GDF gibt es ein Mütterforum, in dem diskutiert wird, wie die Kleinen am besten durchschlafen und wo es die günstigsten Windeln zu kaufen gibt. Allerdings werden auch Links mit Listen altgermanischer Namen weitergereicht. Und manchmal wird es richtig gruselig, etwa wenn Irmi über ausländerfreie Schulen nachdenkt: «Wenn in Sachsen 190 000 Menschen national gewählt haben, dann muss doch alleine in diesem Bundesland schon das Potenzial da sein, eine oder zwei Schulen mit nationalen Kindern zu gründen.» Oder wenn Susanne ihre Rolle als braunes Hausmütterchen idealisiert: «Ich bin froh, dass ich Kinder gebären darf (…), dass ich meinem Mann den Rücken freihalten darf, dass ich meiner Familie ein warmes Zuhause geben darf, dass ich mit meiner einzigartigen weiblichen Intuition meinem Mann und meiner Familie bei Entscheidungen helfen darf (…).» Dass in der deutschen Szene Familien entstanden sind, bereitet der Politologin Renate Bitzan Sorgen: «Die Kinder, die in diesen Familien aufwachsen, haben die Ideologie sozusagen mit der Muttermilch aufgenommen.»

Doch längst nicht alle braunen Mädchen sehen sich als Heimchen am Herd. Seit einigen Jahren grassiert in der deutschen Szene so etwas wie ein brauner Feminismus. Junge Frauen wie die führende Vertreterin der neonazistischen Freien Kameradschaften, Daniela Wegener, oder Anja Zysk, die Landesvorsitzende der NPD in Hamburg, haben in der Szene Karriere gemacht. «Diese Frauen sind jung, dynamisch und zum Teil gut ausgebildet», sagt Renate Bitzan. «Und es werden nicht die Letzten sein, die Karriere machen. Sie sind Vorbilder. Für andere Frauen ebenso wie für andere Verbände und Parteien.»

Denise Friederich hat sich noch nicht entschieden, ob sie Karriere machen oder später mal eine Familie gründen möchte. Eigentlich sollten Frauen nicht arbeiten müssen, sagt die heute Zwanzigjährige. «Wir unterstützen das nicht.» Es sei aber «in Ordnung», wenn die Frau mehr als der Mann verdiene. Auch ist sie für mehr Kinderkrippen und Tagesschulen. Gleichen Lohn für gleiche Arbeit hält sie für selbstverständlich. Und mit einer Pnos-Bundesrätin wäre sie einverstanden – obwohl «es eben auch viel Negatives mit sich bringt, wenn zu viele Frauen Karriere machen».

«Solche Widersprüche sind typisch», sagt Renate Bitzan, «gewisse Errungenschaften und Forderungen der Emanzipation sind eben auch bei diesen jungen Frauen angekommen, obwohl sie sich nie damit befasst haben.» Das Schlagwort vom «braunen Feminismus» hält sie aber für irreführend, weil die Frauen vor allem braun seien und nicht feministisch. Es könne höchstens von emanzipierten braunen Frauen die Rede sein. Genau genommen müsse man sich fragen, ob der Begriff des Feminismus für Rechtsextreme überhaupt verwendet werden könne. «Denn Rassismus geht nicht mit Feminismus zusammen. Feminismus meint die Befreiung aller Frauen.»

Samuel Althof von der Basler Aktion Kinder des Holocaust hilft Rechtsextremen beim Ausstieg. Auf die Frage, was wohl eine junge Frau wie Denise Friederich zum Ausstieg bewegen könnte, antwortet er: «Friederich vertritt ein rechtsextremes Programm, wir nennen solche Leute programmatisch. Leider kommen wir an die fast nicht mehr heran, sie identifizieren sich sehr stark mit ihrer Ideologie, fast wie Sektenmitglieder. Gegen solche Leute kann man nur politisch und juristisch vorgehen.» Bei den «symptomatischen» Rechtsextremen stehen Althofs Chancen besser. Diese nehmen zwar an rechtsextremen Events teil und verwenden entsprechende Symbole, vertreten aber noch kein Programm.

Um herauszufinden, wie er solche Jugendliche «abholen» kann, redet Samuel Althof mit Eltern, Freunden oder Lehrmeistern. Denn es mache keinen Sinn, den Rechtsextremen einfach zu sagen, ihre Gesinnung sei falsch. «Ich muss ihnen ein überzeugendes Angebot machen. Nur wenn sie das Gefühl haben, der Ausstieg lohnt sich für sie, sind sie bereit dazu.» Manche beschliessen den Ausstieg, weil sie wegen ihrer Haltung am Arbeitsplatz unter Druck sind und diese Situation verbessern möchten. Andere, weil sie erkennen, dass es bessere Wege gibt, ihre Aggressionen in den Griff zu kriegen.

Im Lauf seiner Recherche stösst Samuel Althof beinahe immer auf einen schwer wiegenden Familienkonflikt. Auch Denise Friederichs Geschichte passt ins Bild: ein Vater, der nicht da ist, eine Mutter, die aufs Sozialamt muss, laut Samuel Althof typische Ausgrenzungserfahrungen. Wer solches durchmacht, kann in einer rechtsextremen Gang einen Familienersatz finden: Dort wird er akzeptiert und bekommt, solange er sich gruppenkonform verhält, Bestätigung. Althof ist überzeugt, dass es auch eine Art Hilfeschrei ist, wenn sich jemand einer solchen umstrittenen Gruppierung zuwendet. «Die Jugendlichen wollen gehört, ernst genommen und verstanden werden.» Sie sind für andere Perspektiven empfänglich – zumindest solange sie noch nicht programmatisch geworden sind.

Denise Friederich will ihrer Einstellung treu bleiben. Jetzt. Und auch in Zukunft. «Ich lebe das», sagt sie, «es ist der richtige Weg.» Am 1. August wird sie wieder auf dem Rütli sein. «Weil es ein besonderer Ort und ein besonderer Tag ist.» Sie überlegt sich, in zwei Jahren für den Burgdorfer Stadtrat zu kandidieren. Bis dahin wird sie weiterhin an der – wie es auf der Internetseite der Pnos heisst – «Umgestaltung unseres Lebens und unseres Staates» arbeiten. Und sich dafür einsetzen, dass andere junge Frauen dasselbe tun.

Beratungsstellen

Die Sozialdienste der Gemeinden und Kantone (Jugend- und Familienhilfe) vermitteln Beratungsstellen für Eltern, Verwandte, Bekannte, Lehrerinnen und Lehrmeister, welche mit Jugendlichen zu tun haben, die in der rechtsextremen Szene verkehren.