Alte Skins sind wieder aktiv

BernerZeitung

Die Ittiger Skin-Gruppe «Nationale Offensive» ist aktiv. Ihre Website beweists. Aber nicht nur das: Die N.O. stattete nämlich auch dem linksorientierten Verein Nestbau in Burgdorf einen Besuch ab.

Mischa Aebi

Im Juli 2000 feuerten Mitglieder der in Ittigen gegründeten Skinhead-Gruppe «Nationale Offensive» (N.O.) Schüsse auf die alternative Wohngemeinschaft Solter Polter in Bern. Im selben Jahr beschlagnahmte die Polizei bei Mitgliedern der gleichen Organisation ein Waffenlager. Seither war es still um die Organisation. Beobachter vermuteten bereits, dass sich die Gruppe aufgelöst hatte.

Rege Aktivität im Netz

Doch nun wird klar, dass die N.O. aktiv ist. Ein Mitglied der Antifa Bern (Anti-Faschistische Gruppierung) entdeckte kürzlich eine Homepage. Die gefundene Internetsite wird von der gleichen «Nationalen Offensive» betrieben. Auf der Site steht: «Die meisten Mitglieder, die schon lange tätig sind, arbeiten mit grosser Motivation und Eifer …» Datiert ist das Dokument auf den 14. Dezember 2002. Die nachweislich seit Juni 2002 aufgeschaltete Page wird gemäss Gästebuch rege benutzt.Während des letzten Abstimmungskampfes haben die Betreiber der Homepage laut einem Antifa-Mitglied «hetzerische» Flugblätter aufgeschaltet. Heute sind keine Flugblätter auf besagter Site zu finden. Doch Hans Stutz, Berner Journalist und bekannter Beobachter der rechtsextremen Szene, bestätigt, dass um die Zeit der Abstimmung vier Flugblätter aufgeschaltet waren. Stutz beurteilt deren Inhalt als «am Rande der Legalität.» Zur gesamten Homepage sagt er jedoch: «Die Betreiber sind offensichtlich bemüht, dass keine eindeutig illegalen Inhalte auf die Site kommen.»

Wer heute die aktiven Mitglieder der N.O. sind, geht aus der Homepage nicht hervor. Strikte Anonymität wird gewahrt. Die Site wird über eine Umleitungsadresse betrieben. Die Autoren können deshalb auch nicht anhand der Betreiber ermittelt werden. Trotzdem ist der N.O. – im Rahmen ihrer Anonymitätsstrategie – offenbar ein «Fehler» unterlaufen. Und zwar bei einem der mittlerweile wieder entfernten Flugblätter. Wenn man das in Form eines Word-Dokuments vorliegende Dokument heruntergeladen habe und unter dem Menüpunkt «Datei» die «Eigenschaften» der Datei betrachtete, habe man als Autor den Namen P. Redner* gefunden. Es ist der Name des Skinheads, der am 30. Oktober zu 12 Monaten bedingt verurteilt worden war, weil er in Hasle zusammen mit anderen Skinheads Jugendliche verprügelt und zum Teil schwer verletzt hatte. Vor Gericht hatte er ausgesagt, er wünsche sich schon etwas Distanz von der Skinhead-Szene. Hans Stutz bestätigt, dass im November ein solches Word-Dokument mit diesem Namen als Autor auf der N.O.-Site aufgeschaltet gewesen sei. (Ex-)Skinhead P. Redner bestätigte auf Anfrage dieser Zeitung, dass ein solches Flugblatt auf seinem Computer geschrieben worden ist. Er sei jedoch nie Mitglied der N.O gewesen. Er habe nach wie vor Distanz zu seinen Skinheadkollegen. Wenn sich ein Kollege von der N.O. aber bei ihm melde, schlage er ihm natürlich nicht die Tür vor der Nase zu.

Offiziell sind seit längerer Zeit von keinem bekannten N.O.-Mitglied mehr Gewaltdelikte registriert worden. Mitglieder der Antifa beteuern jedoch, dass Mitglieder der N.O. bei jüngsten Schlägereien beteiligt gewesen sein müssen. Wiederum fällt der Name P. Redner. Ein Mitglied der Antifa will sein Auto samt Kennzeichen in der Nacht auf den 21. September zwischen drei und vier Uhr in Langenthal gesehen und «eindeutig identifiziert» haben. Es war die Nacht, in der es in Langenthal zu Schlägereien zwischen Jugendlichen des Kulturzentrums LaKuz und Skinheads kam. Die Rechtsextremisten zerstörten in dieser Nacht Teile des LaKuz. In den frühen Morgenstunden hatten Skinheads vor dem Spital Langenthal eine Gruppe türkischer Staatsangehöriger angegriffen. Rund dreissig Skinheads waren anwesend. Es sei kaum möglich, dass Skinhead P. Redner zufällig in dieser Nacht kurz nach dem Überfall in Langenthal herumgefahren sei, so die Antifa. Während den gewaltsamen Auseinandersetzungen im Lakuz hat ihn jedoch niemand erkannt. Klarer ist die Situation hingegen, als Skinheads am 14. Dezember den Infoladen des Vereins Nestbau in Burgdorf «besuchen» wollten. «Hier haben mehrere Leute den Skinhead X. Käscher* aus einer Gruppe von Skinheads eindeutig identifiziert», erklärt der Antifa-Sprecher. Die Skinheads, die an diesem Tag beim Treff in Burgdorf erschienen, waren Aktivisten der N.O. Daraus machen sie selber keinen Hehl. Auf ihrer Homepage schreiben sie nicht ohne zynischen Unterton: Sie seien einer (öffentlichen) Einladung der Betreiber des Nestbaus gefolgt. Als sie beim Jugendhaus angekommen seien, hätten «die toleranten Damen und Herren von Nestbau die Türen verschlossen und die Fenster verbarrikadiert». Sonst hätte es Schlägereien gegeben, erklärt die Antifa.

«Weiterer Beweis»

Skinhead X. Käscher, der beim «Besuch» in Burgdorf erkannt wurde, war am 13. November in Langenthal an einem Podium zum Thema Rechtsextremismus erschienen. Am Podium gings vor allem um die Anschläge im LaKuz. X. Käscher hat damals gestanden, in jener Nacht in Langenthal anwesend gewesen zu sein. Er habe aber nur im Hintergrund mitgewirkt. Für die Antifa ist dies der Beweis, dass N.O.-Mitglieder weiter vor Gewalttaten nicht zurückschrecken. * Namen von der Red. geändert.