ostschweiz / Die Ereignisse vom Sonntagmorgen in der Innenstadtvon St. Gallen sind kein Einzelfall: Die Ostschweiz ist eine derSchwerpunktregionen für rechtsextreme Gruppen.
markus rohnerEs brauchte nicht erst die jüngsten Ausschreitungen in St. Gallen, umauf die rechtsextreme Szene in der Region Ostschweiz aufmerksam zuwerden. Zu häufig haben in den letzten Jahren Skins in den KantonenSt. Gallen und Thurgau für Schlagzeilen gesorgt. DerStaatsschutzbericht 1999 der Bundespolizei bezeichnet dieOstschweiz denn auch als eine Schwerpunktregion, in derRechtsextreme Zulauf haben und aktiv sind. Waren es 1999gesamtschweizerisch noch 19 registrierte Treffen, zählte dieBundespolizei im ersten Halbjahr 2000 bereits 25 Anlässe. Ein Teildavon kam in der Ostschweiz zur Durchführung. Auffallend viele Skinstreffen sich dabei in den Kantonen St. Gallen und Thurgau.«Wie normale Touristen»Die jungen Rechtsextremen gehören zu den Hammerskins, nennensich «Rheinfront», «Kameradschaftsbund Ostschweiz», «The 13Rebels» oder «Patriotischer Ostflügel». In den letzten Wochen sindein paar von ihnen vor allem im Kanton St. Gallen aufgefallen. Vorzehn Tagen wurde bekannt, dass Hammerskins im August währendeiner Woche in Andwil bei St. Gallen in einem Pfadiheim logiert hatten.Neben Schweizern waren auch Deutsche, Niederländer, Italiener,Spanier und Amerikaner in die Ostschweiz gekommen. Während desTages verhielten sich die Skins laut Polizeiangaben wie normaleTouristen, was sie jeweils am Abend und in der Nacht gemachthaben, ist unklar.Die «Rheinfront»
Seit Ende Juni trifft sich die rechtsextreme Gruppe «Rheinfront» ineinem Lokal in Plons, im Sarganserland. Ein 20-jähriger Maienfelder giltals Kopf der Skinheads. Auf seiner Homepage wurden rassistischeTexte und eine Liste von linksextremen Schweizern und«Verräterschweinen» der Schweiz veröffentlicht. In der Skinszenekommt dem Internet als Mobilisierungsplattform wachsendeBedeutung zu. Der St. Galler Kantonspolizei sind die Gruppen bekannt.Der harte Kern der «Rheinfront» dürfte laut Polizeiangaben etwa 15Personen umfassen, die Zahl der Sympathisanten wird auf 50 bis 70Personen geschätzt. Im Thurgau treffen sich häufig Skins aus dembenachbarten Deutschland.Immer wieder Probleme
Die Ausschreitungen vom letzten Sonntag sind für die Stadt St.Gallen kein Einzelfall. Im Februar 1999 waren rund 80 Rechtsextremein eine Massenschlägerei verwickelt. Wenige Wochen später war esbeim St. Galler Hauptbahnhof zu einer weiteren Schlägerei mitörtlichen Punks gekommen. Im Juni letzten Jahres schlugen sich inSirnach TG Winterthurer Skinheads und Jugendliche ausEx-Jugoslawien. Und im Oktober des gleichen Jahres tauchten inAltstätten SG Flugblätter rassistischen Inhalts auf. Wenige Monatenachdem auf die am gleichen Ort gelegene Asylunterkunft einBrandanschlag verübt worden war.Auch im Fürstentum Liechtenstein gibt es eine aktive rechtsextremeSzene. Immer wieder kommt es dort zu gewalttätigenAuseinandersetzungen. Im Internet präsentierten «liechtensteinischeArier» Ende 1998 eine Homepage mit rassistischen Texten,nationalsozialistischen Symbolen, einer Anleitung zurSprengstoffherstellung mit Bildern und Hinweisen auf weitere Links.Nicht selten organisieren die Skinheads Partys und Konzerte. DieGruppe «Erbarmungslos» ist eine Musikband, die mit rechtsextremenLiedern auftritt.Vor drei Jahren fand im liechtensteinischen Triesenberg eininternationales Skinheadtreffen mit rund 300 Personen statt.Gelegentlich machen sich Rechtsextreme für Kirchenvertreter stark.Bei der Amtseinsetzung von Erzbischof Wolfgang Haas im Dezember1997 beschimpften zwei Skinheads Journalisten, die demDemonstrationszug mehr Aufmerksamkeit schenkten als derAmtseinsetzung des umstrittenen Bischofs.
Mehr Geld für Prävention und eine nationale Demantirassismus / Parlamentarier verlangen mehr Geld für dieEidgenössische Kommission gegen Rassismus.ap. Mit der Unterzeichnung des «Internationalen Übereinkommens zurBeseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung» im Jahre 1995habe sich der Bundesrat verpflichtet, präventive Massnahmen gegenFremdenfeindlichkeit zu fördern, schreibt die Parlamentarische Gruppegegen Rassismus in einer Mitteilung vom Montag. Diesen Auftrag habeder Bundesrat der EKR übertragen. Die rund 150 000 Franken jährlichreichten aber in keiner Weise aus, um den Auftrag zu erfüllen. DieZunahme rassistischer, insbesondere rechtsradikaler Vorfälle erforderenun einen raschen Tatbeweis, mahnt die Gruppe. Ihr Vorstandwünscht, dass der Bundesrat im Budget 2001 ausreichende Mitteleinsetzt, damit die EKR der aktuellen Lage entsprechende Schritte inden Bereichen Prävention und Intervention einleiten und in dennächsten Jahren fortführen kann.Der Sekretär der Gruppe, Walter Blum, wies am Montag auf Anfragedarauf hin, dass für das Zustandekommen der Präventions-Kampagneder EKR vor zwei Jahren private Sponsorengelder nötig waren: «DasGeld musste zusammengebettelt werden.» Dies entspreche nicht demÜbereinkommen, das zur aktiven Prävention verpflichte.«Open Hearts» mit Ogi?
Inzwischen konkretisieren sich die Pläne für eine nationaleDemonstration gegen Rassismus und Rechtsextremismus noch vor derAbstimmung über die 18-Prozent-Initiative. Der Bundesplatz seibereits für den 17. September reserviert, sagte der Präsident derGrünen, Ruedi Baumann, am Montag auf Anfrage. Organisiert wird derAnlass von der Organisation «Open Hearts». Laut Baumann ist einemöglichst offene, positive Veranstaltung mit einem Konzert geplant,welche eine breite Öffentlichkeit anspricht und nicht parteipolitischgebunden ist. Wenn möglich, soll ein Mitglied des Bundesrats oderBundespräsident Adolf Ogi für einen Auftritt verpflichtet werden.