Die Chefs des Bundesamtes für Polizei beurteilen Gefahr von rechts am 1. August eher gelassen
NIKLAUS RAMSEYER, Bern
«Magistraten waren auf dem Rütli nie gefährdet», versicherten die Chefs des Bundesamtes für Polizei gestern. Auch die Bundespräsidentin sei dort am 1. August sicher.
«Wir haben zur Kenntnis genommen, dass Frau Bundespräsidentin Calmy-Rey den 1. August auf dem Rütli feiern will», stellte Jürg Bühler, der stellvertretende Chef des «Dienstes für Analyse und Prävention (DAP)» im Departement Blocher gestern in Bern fest. Bühlers Chef, der Direktor des Bundesamtes für Polizei, Jean-Luc Vez versicherte: «Wohin auch immer die Schweizer Magistraten und Magistratinnen am 1. August gehen werden, geniessen sie den nötigen persönlichen Schutz.» Die beiden sagten dies bei der Präsentation ihres Berichts zur «Inneren Sicherheit der Schweiz» (siehe rechts oben).
BEWAFFNETE RECHTE. Das Papier aus dem Departement Blocher konstatiert dabei eine Zunahme der Gewaltbereitschaft Rechtsextremer ? «vornehmlich gegen Personen», wie explizit festgehalten wird. Diese Extremisten seien auch mit «Schusswaffen, Messern, Schlagringen und Dolchen, teils in erstaunlichen Mengen» ausgerüstet.
SCHMID BELÄSTIGT. Politisch organisiert als «PNOS (Partei National orientierter Schweizer)» sind sie indes vorab in der Deutschschweiz. Im Baselbiet, wo sich «der Hauptsitz der Partei» befunden habe, seien die Rechtsextremen kaum mehr aktiv, steht im Bericht. Hingegen hätten sie in Küssnacht am Rigi, im Berner Oberland und in Willisau (LU) Sektionen gegründet. Konkret gebe es auch dieses Jahr Hinweise, dass die Rechtsextremen am 1. August aufs Rütli wollten, sagte Bühler.
Dank einem massiven Polizeiaufgebot verlief die Bundesfeier auf dem Rütli letztes Jahr ruhig. Im Jahr davor war jedoch Bundesrat Samuel Schmid von den Rechtsradikalen niedergeschrien und am Reden gehindert worden. Bühler hält nun fest: «Die Magistraten selber waren auf dem Rütli nie gefährdet.» Und auch für Calmy-Reys Sicherheit werde heuer gesorgt sein.
Bühler weist aber darauf hin, dass gegen die rechten Störenfriede ? deren Anhängerschaft auf gut 1200 Leute im Land geschätzt wird ? präventives Vorgehen kaum möglich sei: Das neue Hooligan-Gesetz, das Präventivhaft für notorisch auffällige Krawallmacher erlaubt, gelte «nur im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen», sagt der Jurist. Nach geltendem Recht sei auch das Mittragen von Nazi-Fahnen nicht verboten ? solange die öffentliche Ruhe und Ordnung nicht gestört werde.
Für diese Ordnung ist auf dem Rütli der Kanton Uri zuständig ? und in zweiter Linie das Konkordat der Innerschweizer Kantonspolizeien. Da sich die Sicherheitskosten der letztjährigen Rütlifeier auf über eine Million Franken Vollkosten beliefen, beantragten die Innerschweizer Polizeiverantwortlichen nun einen Bundesbeitrag von 200 000 Franken. Die Landesregierung jedoch war mehrheitlich dagegen.
ANONYMER GÖNNER. Inzwischen sind die Sicherheitskosten für die Rütlifeier jedoch kein Problem mehr: «Wenn Calmy-Rey den Mut hat, am 1. August dort hinaufzugehen, übernehme ich alle Kosten, die zur Garantie ihrer Sicherheit anfallen», zitiert der «Blick» einen anonymen Gönner. Der Mann begründet sein Angebot so: «Das Rütli am 1. August den Rechtsextremen zu überlassen, wäre eine Schande für die Schweiz und würde einen internationalen Imageschaden bedeuten.»
Bundesrat Samuel Schmid bestätigt: «Der Spender bedauert, dass man auf sein Angebot bisher nicht eingegangen ist. Ich persönlich auch.» Das ist neu: Als dem Bundesrat vor zwei Wochen ein Angebot von Ruag, SBB, Swisscom und Post vorlag, die Rütlifeier mit 100 000 Franken zu unterstützen, lehnte die Landesregierung schroff ab.
In der Gefahrenzone des Terrors
BERICHT. Die Schweiz diene dem islamistisch motivierten Terrorismus als Rückzugs-, Vorbereitungs- und Logistik-raum, hiess es im gestern publizierten Jahresbericht 2006 des Bundesamts für Polizei (Fedpol). Konkrete Vorbereitungshandlungen für einen Anschlag konnten aber nicht nachgewiesen werden.
Laut Bericht wurden 2006 336 relevante Vorfälle von Rechts- und Linksextremismus registriert. Während die Aktivität der rechten Szene auf dem Vorjahresniveau verharrte, nahm jene linker Gruppen zu.
Die Prostitution hat, gemäss Bericht, 2006 stark zugenommen. Auch das verdeckte Rotlichtmilieu florierte. Dies biete günstige Voraussetzungen für Menschenhandel und Zwangsprostitution.
Nach Einschätzung des Fedpol bleibt die Jugendgewalt weiterhin ein Problem in der Schweiz. Beunruhigend sei vor allem das gesteigerte Aggressionspotenzial, hält der Bericht fest.