Anders als Deutschland hält BUPO Monitoring für ineffizient – Fahndung in Bayern führt jährlich zu über 20 Anzeigen
Von AP-Korrespondent Markus Brotschi
Bern/München (AP) Trotz zunehmender rechtsextremer Propaganda auf demInternet verzichtet die Schweiz auf Internet-Fahnder. Eine systematischeWeb-Überwachung sei zu aufwendig und zu wenig effizient, sagte Jürg Bühler von derBundespolizei. In Bayern durchforsten dagegen mehrere Beamte das Netz aufbraune Inhalte.
Ein systematisches Fahnden im Internet nach rechtsextremen oderrassistischen Inhalten wäre endlos und viel zu wenig effizient, sagte Bühler aufAnfrage der AP. Die Bundespolizei (BUPO) mache nur gezielte Recherchen. Damitverfolgt die Schweiz eine andere Strategie als die deutschen Bundesländer, woetwa Bayern «mit der grossen Kelle angerichtet hat», wie Bühler sagte. DieStaatsschützer in der Schweiz würden tätig, wenn sie einen Hinweis erhieltenoder selber auf Grund von Informationen aus der Szene auf rechtsextremeNetzinhalte stiessen. Jeder, der im Internet rassendiskriminierende oder andereextremistische Aussagen entdecke, könne aber Anzeige erstatten.
Eine Monitoringstelle im Bundesamt für Polizei (BAP) gegenKinderpornografie, die Hinweise aus der Öffentlichkeit entgegennahm, war allerdings Endeletztes Jahr geschlossen worden, weil die beiden zu 50 Prozent beschäftigtenBeamten von der Meldungsflut aus der Öffentlichkeit überfordert waren. Diemeisten Hinweise hätten Inhalte betroffen, die nicht gegen das Gesetzverstiessen, sagte BAP-Sprecherin Daniele Bersier. Dennoch soll diese Stelle lautBühler nach der Reorganisation des BAP wieder aufgebaut werden.
In Bayern jährlich 20 bis 30 Anzeigen
Anders als in der Schweiz misst der bayerische Staatsschutz der Fahndungim Internet einen grossen Stellenwert zu. «Mehrere» Leute seien damitbeschäftigt, das Netz regelmässig auf extremistische Inhalte abzusuchen, sagteLeopold Klima, Leiter der Informationsgewinnung beim Staatsschutz, auf Anfrage.Die genaue Zahl der Ermittler werde aus ermittlungstechnischen Gründen nichtbekannt gegeben. Jährlich komme es auf Grund der Abklärungen zu 20 bis 30Anzeigen. Der Aufwand lohne sich, denn die Präsenz im Internet habe einepräventive Wirkung. Weil die Rechtsextremisten wüssten, dass sie nichtunbeobachtet blieben, würden sie vorsichtig. Selbst das regelmässige Aufrufen vonbereits bekannten Seiten könne zu weiteren Hinweisen führen, etwa mittels neuaufgeschalteter Links. Dank der Ermittlung der Urheber könnten auchHausdurchsuchungen durchgeführt werden, was bei der Bekämpfung des Rechtsextremismusweiterhelfe.
Das Vorgehen der Staatsschützer sei auf den ersten Blick einfach, erklärteKlima weiter. Die Fahnder würden einschlägige Begriffe in die Suchmaschineeingegeben. Allerdings würden viele den illegalen Netzinhalt über einenamerikanischen Provider veröffentlichen, wo rassistische undnationalsozialistische Propaganda nicht strafbar ist. «Das heisst für uns dann Ende», sagteKlima. Denn die USA gewährten in der Sache keine Rechtshilfe.
In der Schweiz hatte BUPO-Chef Urs von Daeniken im Mai auf dieVerantwortung der Provider hingewiesen. Diese müssten Seiten mit rassistischem sowiegewalttätigem Inhalt oder mit Kinderpornografie sperren, wenn konkreteHinweise einer Strafverfolgungsbehörde vorlägen. Eine aktive Kontroll- oder eineAnzeigepflicht hätten sie aber nicht. Laut Bersier wurde kürzlich aufBUPO-Intervention das «White Power Portal» bei einem Schweizer Provider gesperrt.Laut Bühler kommt es auch hin und wieder zu einer Anzeige.
Deutschland hat grösseres rechtliches Instrumentarium
Der Katalog der strafbaren rechtsextremen Handlungen ist in Deutschlandwesentlich grösser als in der Schweiz. So sei bei der Rassismus-Strafnormbewusst auf die Bestrafung der Gesinnung verzichtet worden, erinnerte Bühler.Diese Lücken lote und nütze die Szene in der Schweiz aus. In Deutschland seinationalsozialistische Propaganda, auch das Tragen von Nazi-Symbolen,generell verboten. In der Schweiz müsse es zu einem Verstoss gegen dieRassismus-Strafnorm oder zu Gewaltdelikten kommen.