Dem Staat seien die Schulen zu entreissen, fordert Sektenmann Hans U. Hertel.

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Von Jürg Frischknecht

Ach, wie gut, dass niemand weiss, dass ich UK heiss … Weil die Universale Kirche(UK) wegen ihres Judenhasses geächtet ist, tritt sie immer mehr mit unverfänglichenNamen auf. Als «Symphonic Sounds» organisierte sie in grossen StadtkirchenKonzerte mit dem rumänischen Panflötisten Gheorghe Zamfir (siehe WoZ Nr. 40/00).Als «Bruderschaft der Menschheit» war sie an einem Kürbisfest bei Biobauernpräsent. Als «Verstrahlungsfreie Schweiz» versuchen UK-Leute, mitVerschwörungsfantasien in der Mobilfunk-Opposition Fuss zu fassen.

Und als «Zeiten-Wende» organisiert die UK diesen Winter im noblen«Schweizerhof» in Bern monatliche Vorträge. Der Name lässt zwar einenesoterischen Hintergrund vermuten, aber nicht eine Sekte, die Judenhass alsgöttliche Botschaft ausgibt. Als Adresse dient ein Berner Postfach, das von«Zeiten-Wende»-Präsidentin Barbara Gutknecht eröffnet wurde. Die bekannteUK-Frau arbeitet in Steffisburg (BE) bei der UK-Nebenorganisation «Weltfundamentfür Natur-Wissenschaft» (WF).

Ihr Chef, WF-Europapräsident Hans U. Hertel, bestritt am Dienstag den ersten«Zeiten-Wende»-Vortrag im neuen Jahrtausend. Hertel, in der Öffentlichkeit durchseinen Kampf gegen Mikrowellenöfen («heimtückischer als die Gasöfen vonDachau») und wegen seiner antisemitischen Hetze bekannt geworden, ist derwichtigste UK-Repräsentant in der Schweiz. Die drei Dutzend BesucherInnen(weitgehend Insider) sassen bereits im Saal, als ebenso viele Eier gegen die«Schweizerhof»-Fassade flogen – wohl ein Antifa-Protest.

«Unsere Kinder im Griff des Staates?», war Hertels Vortrag angekündigt. Der72-Jährige verkörpert den selbstverliebten Langweiler, der nie das Ende findet.Anderthalb Stunden lang malte er das Bild einer Welt und einer Schweizer Regierungan die Wand, die sich «dem Antichristen» und der «zionistischen Weltmacht»unterworfen hätten. Diese Mächte verfolgten ihr Ziel seit Jahrzehnten mit Lug undTrug. Anstelle der Monarchien seien «fragwürdige Demokratien» entstanden. Uno,EU, Nato usw. seien gegründet worden, «um die Macht in die Hände einiger wenigerzu spielen».

Hertels Feindbilder sind der überall präsente Marxismus, der alles Geld in denHänden habe (die 400 Milliardäre der Welt), die «marxistisch gesteuertenFeministinnen», auch die NGOs, die er in einem Atemzug mit Stalin und Gestaponannte. Umgekehrt lobte Hertel den Papst (in Sachen Pille) und trauerte denFrauenvereinen nach, die einst über die Moral wachten.

«Ich stehe rechts», bekannte Hertel und hetzte hemmungslos gegen den Staat, derdie totale Kontrolle anstrebe. Beim Impfen würden den Leuten zunehmendMikrochips implantiert («geimpfte Soldaten sind alle verchipst»). Der gottlose Staatstrebe auch die Kontrolle über die Kinder an. Auch die Schweizer Schulen seien mitihrem Vorreiter, dem Zürcher Erziehungsdirektor Ernst Buschor, auf dem Weg, «denGeist der Kinder gezielt zu brechen», auch mittels «Medikamenten wie Ritalin».Diese neue Schule basiere auf «dem russischen Modell».

Fazit: Das Volk müsse gegen den Staat antreten und wie einst Gandhi passivenWiderstand leisten. Zum Beispiel «die Schulen bestreiken» (die Kinder nicht mehrschicken) und «die Schulen in die eigenen Hände nehmen». Ein aufliegendesFlugblatt plädierte ebenfalls dafür, die staatlichen Schulen abzuschaffen. Die UKliebäugelt offensichtlich mit eigenen Schulen.

«Wer ist dieser Antichrist?», wollte ein Zwischenrufer bald einmal wissen. Hertelblieb allgemein. Deutlicher wurde er im Oktober in seiner «Proklamation Nr. 13», dieauf der WF-Homepage verbreitet wird. Dort wettert er gegen das «teuflische Ziel» der«Judaisten» – ein Fall für die Richter (siehe Kasten).

«Wenn Sie mehr wissen wollen, dann kommen Sie in ein Seminar», rief Hertel demPublikum zu. Unter dem Titel «Das Wunder Natur» führt er regelmässig Seminaredurch, so dieses Wochenende im Hotel «Tamina» in Bad Ragaz. Im St. Galler Kurort,sonst eher für gesunde Wasser als für giftige Gedanken bekannt, kann sich Hertelauf einen lokalen Mitstreiter stützen, auf Albert Gort, der in der Übungsfirma GonzenIntertrade im Auftrag des Kaufmännischen Vereins Arbeitslose schult. Im Novembersprach Gort an einem WF-Kongress für einen Verein «VerstrahlungsfreiesBündnerland». Laut seiner Frau, einem langjährigen UK-Mitglied, besteht dieser«Verein» einzig aus Gort.

Verfahren eingeleitet
Die Berichterstattung im letzten «Beobachter» hat für Hans U. Hertel juristischeFolgen. Jürg Zinglé, der geschäftsleitende Untersuchungsrichter beimUntersuchungsrichteramt 3 Bern Mittelland, erklärte auf Anfrage der WoZ, dass eraufgrund des Artikels gegen Hertel ein polizeiliches Ermittlungsverfahren wegen desVerdachtes auf Verstoss gegen das Antirassimus-Gesetz einleiten werde. Zingléwollte sich allerdings nicht über den möglichen Ausgang dieses Verfahrensäussern. Das Antirassismus-Gesetz werde von Kanton zu Kanton unterschiedlichausgelegt. Eine weitere Schwierigkeit sei die Tatsache, dass Hertels Texte viaInternet verbreitet würden. Das mache es schwierig, einen Tatort und damit einzuständiges Gericht zu bestimmen. jw.