Ein Überblick über rechtsextreme Parteien und Gruppierungen in der Schweiz
Mit ihrer Störaktion bei der 1.-August-Rede von Bundespräsident Samuel Schmid auf dem Rütli haben sich die Rechtsextremen am Montag in die Schlagzeilen gepöbelt. So geschlossen, wie sie bei solchen und ähnlichen Anlässen auftreten, sind die Schweizer Neonazis aber nicht.
sda.- Die rechtsextreme Szene der Schweiz besteht aus vielen kleinen Gruppen, die losen Kontakt untereinander halten. Sie haben ihre Wurzeln zum Teil in der Skinhead-Bewegung, zum Teil in «altfaschistischen» revisionistischen Zirkeln und verfügen trotz ideologischer Nähe über kein organisatorisches Zentrum. Der Extremismus-Bericht des Bundesrates aus dem Jahr 2004 geht von rund 1000 Rechtsextremen in der Schweiz aus und führt unterschiedliche Gruppen und Parteien auf:
Die Skinhead-Gruppierungen
Die «Hammerskins» wurden 1986 in Dallas/Texas gegründet. Seit 1990 gibt es auch in der Schweiz Ableger. Sie sehen sich als eine Art Skinhead-Dachorganisation mit elitärem Führungsanspruch und organisieren Veranstaltungen wie Konzerte und Partys, haben eigene Internet-Auftritte und handeln mit rechtsextremem Schriftgut. Es gibt Kontakte zu anderen rechtsextremen Gruppierungen in den Nachbarländern. Eng mit den Hammerskins verbunden ist die Skinhead-Gruppe «Morgenstern», die 1993 in Sempach (Luzern) gegründet wurde.
Als Konkurrenz zu den Hammerskins tauchte «Blood & Honour» (Blut und Ehre) in den Achtzigerjahren in Grossbritannien auf; seit 1998 gibt es Schweizer Ableger in mehreren Kantonen. Sie verbreiten rassistisches und ultranationales Gedankengut.
Die Parteien
«Blood and Honour»-Aktivisten gründeten im Jahr 2000 die Partei national orientierter Schweizer (Pnos), unter anderem um die rechtsextreme Szene zu einen. Die Pnos verfügt über sechs Sektionen im Mittelland mit total 100 bis 130 Mitgliedern und nimmt an Wahlen teil: Pnos-Mitglieder sitzen in Langenthal (Bern) im Stadtparlament und in Günsburg (Solothurn) im Gemeinderat. Das Parteiprogramm ist geprägt von fremdenfeindlicher und antidemokratischer Rhetorik. Die Pnos gilt als Hauptorganisatorin der Rütli-Aufmärsche. Sie sucht Kontakte zu anderen rechtsextremen Parteien, so zur deutschen NPD.
Eng mit der Pnos verbunden ist die 2004 gegründete Helvetische Jugend (HJ), die vor allem mit Flugblattaktionen auf sich aufmerksam macht.
Die Nationale Ausserparlamentarische Opposition (Napo) wurde vom ehemaligen Pnos-Mitglied und Holocaust-Leugner Bernhard Schaub gegründet. Die Napo organisiert Flugblattaktionen und Fackelmärsche ? am 12. März 2005 konnte sie in Schaffhausen 150 Extremisten für einen solchen Marsch aufbieten.
Einige Gruppierungen haben inzwischen an Bedeutung verloren oder sich ganz aufgelöst, wie die Nationale Initiative Schweiz (NIS), die Nationale Partei Schweiz (NPS) oder die Nationale Offensive (NO).
Die Diskussionszirkel
Während Skinhead-Gruppen und rechtsradikale Parteien eine vorwiegend jugendliche Anhängerschaft haben, sind die Mitglieder (neu-)rechter Diskussionszirkel meist gesetzteren Alters. Der bekannteste Zirkel ist die 1990 gegründete «neuheidnische» Avalon-Gruppe. An historischen Seminarien und mythischen Sonnenwendfeiern propagiert die Gruppierung völkisches Ideengut. Zu den Avalon-Mitgliedern zählt auch der Islamist Ahmed Huber. Die Organiation unterhält enge Beziehungen zur rechten Szene, auch zur Pnos, sowie zu Gleichgesinnten im Ausland. Sie stand auch in Kontakt zu der 2002 aufgelösten Gruppierung «Vérité et Justice» (V+J). Der inzwischen nach Russland geflüchtete Basler Holocaust-Leugner Jürgen Graf hatte V+J 1999 gegründet, um seine revisionistischen Thesen zu verbreiten.
Schon mehrfach versuchten Exponenten der Szene, etwa der bekannte Uraltfaschist Gaston-Armand Amaudruz, junge und alte Rechtsextremisten unter einem Dach zu vereinen. Es blieb aber bei kurzlebigen Versuchen.