Schweizer Rechtsextreme wüteten am Oktoberfest in Liechtenstein. Zwei von ihnen wurden deswegen schuldig gesprochen.
Von Thomas Knellwolf, Vaduz
Viele kleinere Blessuren, ein übel zugerichteter junger Erwachsener, ein Polizist mit Schädelhirntrauma und zehn festgenommene Rechtsextreme – dies war vor zweieinhalb Wochen die Bilanz des Liechtensteiner Oktoberfests. Für zwei Neonazis aus der Schweiz hatte die Strassenschlacht bereits gestern ein juristisches Nachspiel. Unter einem Bild des streng blickenden Hans-Adam II. nahmen zwei bärtige und kurzhaarige junge Männer auf der Anklagebank des Fürstlichen Landgerichts Platz.
Ein einschlägig vorbestrafter Metzger aus Hombrechtikon und ein Student aus Siebnen wurden wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und in einem Fall wegen Raufhandel und Sachbeschädigung zu einer Haftstrafe von sieben Monaten verurteilt. Vier Monate davon erliess der Einzelrichter bedingt. Den Rest wandelte er in eine Geldstrafe von je 1800 Franken um. Vom Vorwurf der schweren Körperverletzung wurden die beiden Angeklagten freigesprochen.
Am 27. September war eine Schar Schweizer Rechtsextremer in einem weissen Reisebus ins Fürstentum gereist und traf dort einheimische Gesinnungsgenossen. Vor dem Bierzelt in der Gemeinde Mauren gingen laut Anklage zehn Glatzköpfe auf einen langhaarigen Einheimischen los. Sie liessen erst von ihm ab, als der Sicherheitsdienst einschritt. Danach widersetzten sie sich der Kontrolle der Polizei.
Nach Mitternacht kam es zu einer Konfrontation zwischen den Rechtsradikalen und einer Gruppe türkischstämmigen Jugendlichen. Abfallkübel, Baumaterial und Holzlatten flogen durch die Luft. Der Angeklagte aus Siebnen schleuderte eine Plastikbank über die Polizisten hinweg gegen die jungen Türken und blies zum Angriff. Gestern vor Gericht mochte er sich kaum mehr an die Nacht der Gewalt erinnern – ausser, dass er stark betrunken gewesen sei.
Mit dem Pflasterstein, der einen Polizisten am Hinterkopf verletzte, wollten beide Angeklagten nichts zu tun haben. Der Beamte kann noch immer nicht arbeiten und leidet an Schlaf- und Konzentrationsstörungen.
Gitarrist bei Amok
Dem Angeklagten aus Siebnen, der in Untersuchungshaft seinen 23. Geburtstag feierte, droht bereits das nächste Strafverfahren. Die Fernsehsendung «Rundschau» hatte ihn kürzlich als Gitarristen der Neonazi-Band Amok geoutet. Die Combo singt antisemitische Lieder und droht in einem Songtext dem Journalisten Hans Stutz mit dem Tod. Deswegen ermittelt die Luzerner Strafbehörde. Der Angeklagte aus Hombrechtikon, ein – so der Richter – «unverbesserlicher Schläger», war 2007 an einem Überfall auf eine Jungsozialisten-Veranstaltung in Glarus beteiligt gewesen.