Bern aufgeflogen
STADT BERN / Ein 24-jähriger Berner hat eine Nazi-Parteigegründet und 200 Rechtsradikale zum Kongress geladen.
rg. Seinen momentanen Job dürfte David Mulas aus Bernjetzt wohl los sein. Denn der 24-Jährige, der im Januar(damals noch anonym) als «Neofaschist M.» agitierte undnun (nicht mehr anonym) als Chef einer soebengegründeten «Nationalen Partei Schweiz» (NPS) auftritt,arbeitete in letzter Zeit – ausgerechnet beimlinks-alternativen Berner Lokalradio «RaBe». Mulasbestätigte gestern Recherchen des «Bund», wonach er am16. April in Bern die NPS gegründet hat. Seine «Partei»zähle bereits an die 60 Mitglieder und Zugewandte (wasübertrieben sein dürfte). Die NPS positioniere sich «ganzklar rechts von den Schweizer Demokraten», grenze sichaber von Gewaltbereiten etwa aus dem Skinhead-Lager ab.Die NPS wolle «Nationalsozialismus anders ausleben»,nämlich «politisch relevant» – mit Initiativen und derTeilnahme an Wahlen.
Hotelier lässt Treffen platzen
Vorbild sei die National-Demokratische Partei Deutschlands,die NPD, welche – wie seit letztem Dezember bekannt – inder Schweiz einen Ableger gründen will. Mulas‘ Ziel ist, dieNPS als «Schwesterpartei» der NPD zu etablieren. DieNPD-Zentrale nimmt Mulas‘ Pläne offenbar ernst und zeigtsich nicht abgeneigt – denn drei offizielle Repräsentantender rechtsradikalen Partei aus Deutschland sagten fürnächsten Samstag ihre Teilnahme an einem Kongress inBern zu. Bis zu 200 Gesinnungsgenossen seieneingeladen worden, um am Samstag im Hotel Kreuz an dem«Treffen NPS-NPD» teilzunehmen, erklärte Mulas. Dochaus dem Treffen im «Kreuz» wird nichts: Hotelier FranzSchüpbach hat die NPS gestern ausgeladen, nachdem erdie braune Lunte gerochen hatte. «Mit Extremen», betontder Hotelier, «will ich nichts zu tun haben.»Mulas sucht jetzt Ausweichorte, dürfte in der Stadt Bernnun aber kaum mehr ein Versammlungslokal für denKongress finden, denn die Hoteliers sind gewarnt.Aufatmen werden darob sicher auch die Veranstalter undBesucher des Festumzuges zur BEA-Eröffnung vomSamstag – denn da der rechte Aufmarsch wohl ausbleibt,dürfte es auch am Anlass für allfällige linke Gegenaktionenfehlen.
Nazi-Partei gegründet, Treff mit NPDgeplant
RECHTSRADIKALE / Berner Rechtsradikale haben eine«Nationale Partei Schweiz» (NPS) gegründet und fürSamstag im Hotel Kreuz 200 Gesinnungsgenossen zumKongress eingeladen – so auch drei offizielle Vertreter derdeutschen NPD, die in der Schweiz Fuss fassen will. Alsaber der «Kreuz»-Chef erfuhr, wer da kommen will, hat erdas Treffen platzen lassen.
° RUDOLF GAFNER
Eine Gruppe vorab jüngerer Rechtsextremisten hat am 16.April in Bern die «Nationale Partei Schweiz» (NPS)gegründet und einen gut achtköpfigen Vorstand berufen.Präsident und Gründer der Partei ist der 24-jährige DavidMulas, ein gelernter Rezeptionist und Koch, der heute «alsJournalist tätig» ist, und zwar ausgerechnet bei Bernsalternativ-linkem Lokalradio «RaBe» (!). Die NPS sei, soMulas gestern gegenüber dem «Bund», eine ernst zunehmende Partei, die nicht nur bereits Projekte fürVolksinitiativen habe, sondern in vier Jahren an denNationalratswahlen teilnehmen wolle. Als «relevante Partei»mit rund 60 Mitgliedern und Zugewandten grenze sich dieNPS von gewaltbereiten Nazi-Ultras und Skinheads ab: «Wirwollen unseren Nationalsozialismus anders ausleben, legalund ohne Gewalt», sagt Mulas; die Partei stehe aber «ganzklar rechts von den Schweizer Demokraten».
«Neofaschist M.» outet sich
David Mulas war Mitte Januar erstmals in Erscheinunggetreten, als er im Regionalfernsehen «TeleBärn» als«Neofaschist M.» erklärte, es gelte, die Rechte in Bern «zustrukturieren», damit «die Linken nichts mehr zu lachenhaben». Ob er auch antisemitisch eingestellt sei, «seidahingestellt», erklärt der Jungrechte (mit hebräischemVornamen), der sich «auf jeden Fall vom Judenmorddistanziert» und der als Vorbild etwa Adolf HitlersStellvertreter Rudolf Hess nennt. «Die NPS will ähnlichepolitische Forderungen stellen wie die NPD inDeutschland», so Mulas weiter. Für dieses Ziel setze er sichvoll ein – «ich habe schon 6000 Franken in die neue Parteiinvestiert», sagt er, und dass er seinen «RaBe»-Radiojobjetzt wohl los sei, sei ihm klar.
Drei NPD-Offizielle erwartet
Die Gründung der neuen «Partei» allein ist noch keinAnlass für grosse Besorgnis, denn die NPS ist fürs Erstenicht mehr als bloss eine weitere Splittergruppe in derBerner Rechtsextremenszene. Indes – und dies machtMulas‘ NPS-Gründung brisant: Seit Dezember 1999 istbekannt, dass die rechtsradikale National-DemokratischePartei Deutschlands (NPD) hierzulande einen Ablegergründen will – und Mulas‘ Trupp will sich der NPD als«Schwesterpartei» andienen. Dies sind mehr als blossHirngespinste des 24-Jährigen: Für Samstag hat die NPS imBerner Hotel Kreuz zu einem Kongress geladen. An die200 Teilnehmende sind laut Mulas zu erwarten – unter ihnendrei offizielle NPD-Repräsentanten, die vomNPD-Vorsitzenden Udo Voigt persönlich entsandt wordenseien.
«Treffen NPS-NPD» vereitelt
Bereits am 7. April reservierte Mulas im Hotel Kreuz dafüreinen Saal. Weil das Hotel jährlich etwa 2400 Anlässe zählt,dachte sich der Hotelier erst nichts dabei, als Mulas den Saalfür ein «Treffen NPS-NPD» mietete. Erst als Mulas voneinem «Sicherheitsdienst» redete, der aufgezogen werde,habe er Ungutes geahnt, sagte «Kreuz»-Chef FranzSchüpbach gestern. Und als gestern früh «ein jüngererMann» erschienen sei und ihn aufgeklärt habe, an wen erhier einen Saal zu vermieten im Begriffe sei, «haben alleAlarmglocken geläutet» – und so habe er, Schüpbach,Mulas ausgeladen. «Das Treffen gibts nicht, jedenfalls nichtbei mir. Mit Extremen will ich nichts zu tun haben.»Die NPS schaue sich jetzt nach anderen Räumen um, sagtMulas: «Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir führen denAnlass gleichwohl durch – wenn nicht in Bern, dann ebenanderswo, ja vielleicht halt in Deutschland.» AuchÖsterreicher hätten sich angemeldet.Eine Einladung zum Treffen in Bern erhalten hat auchRoger Wüthrich aus Worblaufen, einer der «Denker» in derRechtsradikalen-Szene. Wüthrich – Anfang der 80-er JahreMitglied der Nationalen Aktion (jetzt SchweizerDemokraten), dann Gründer der nazistischen«Wiking-Jugend Schweiz», heute Chef des«völkisch-nationalistischen» Zirkels «Avalon» – erklärtegestern dem «Bund», er habe «auf jeden Fall auchhingehen wollen». Die NPS sei vorgestern beim«Ostara-Fest» von «Avalon» auch «ein Traktandum»gewesen. Jedoch: Wüthrich traut Mulas «nicht so recht»,schon allein weil dieser beim linken Radio auftrete und mit«Profilierungssucht» auffalle – und so nehme er Mulas’Absichten wie auch die NPD-Expansionspläne «mitgewissem Augenzwinkern zur Kenntnis». Der NPS gebe erohnehin «nicht sehr grosse Chancen», sagt der alteKämpe, der 15 Jahre rechtsradikaler «Aufbauarbeit» hintersich hat. Für ein Reüssieren der NPS würde Mulas, soWüthrich, «viel Unterstützung von Jungen benötigen – unddiese dürfte ziemlich dürftig ausfallen»; dies zumal vorabSkinheads kaum an Parteiarbeit interessiert seien.