Strafe für die Solätte-Prügel

BernerZeitung

Strafe für die Solätte-Prügel

Einmal Busse und Gefängnis bedingt, einmal Busse: Gestern arbeitete das Gericht in Burgdorf die Solätte-Nacht 2005 auf.

Der Jugendliche entspricht dem Klischee. Kräftig gebaut und die Haare kurz geschnitten, verkörpert er den typischen Angehörigen der rechten Szene. Er ist auf Schloss Burgdorf geladen worden, um zu erklären, wie sich die Prügelei an der Solätte-Nacht 2005 abgespielt hat. Nicht mehr als Angeschuldigter ? als solcher war er bereits vor dem Jugendrichter ?, sondern als Zeuge. Denn heute, vor dem Gericht für die Erwachsenen, geht es um zwei seiner Kollegen. Sie sollen in der Schmiedengasse und später auf der Terrasse des «Asian Garden» auf einen jungen Mann eingeschlagen haben, der mit seiner Freundin unterwegs war.

Bohrende Fragen

Es ist ein erhellender Einblick in das Denken und Handeln eines, wie ein anderer Zeuge zu Protokoll gibt, «bekannten Skins». Besonders, als Richter Jürg Bähler die bohrende Frage stellt, wieso er, der Skin, eigentlich die Konfrontation gesucht habe. Er hätte dem Streit ja aus dem Weg gehen können, das «Asian Garden» gar nicht zu betreten brauchen. Er habe, so der Skin, schon den Auftakt in der Gasse und anschliessend die Verfolgungsjagd in die Beiz mitbekommen. «Da dachte ich, wenn das Paar ins Restaurant flieht, muss es noch andere von denen drin haben.» Seine Kollegen hätten mit Problemen rechnen müssen, also sei er von aussen auf die Terrasse der Beiz geklettert. «Haben Sie gedacht», will Richter Bähler wissen, «dass es zu einer Schlägerei kommt?» ? «Ja.» ? «Wollten Sie mitmischen?» ? «Wenn etwas passiert, ja.»

Leicht gereizt reagiert Bähler, als sich der Skin partout nicht daran erinnern will, wer ausser ihm noch zugegen war. Vor dem Jugendrichter hatte er, was sein Recht war, beharrlich geschwiegen, als Zeuge wäre er nun zu einer Aussage verpflichtet ? doch er bestätigt nur gerade, was ohnehin bekannt ist. Man verrät doch seine Kumpel nicht.

Schmerzensgeld

Eine Erkenntnis bringt der Auftritt. Die Prügel, die der junge Mann nach der Flucht auf der Beizenterrasse kassierte, hatte der Skin ausgeteilt. Was hier sonst noch alles passiert ist und wer dafür verantwortlich war, bleibt dagegen auch nach Stunden der Verhandlung und nicht weniger als sechs Zeugenauftritten schemenhaft.

Erhärten lässt sich nur, dass Skin-Kollege A.*, der erste Angeklagte im aktuellen Prozess, auf der Terrasse mit einem schweren Sonnenschirmständer drohend aufgezogen hat. Ob er sein Opfer schon zuvor auf der Gasse mit der Faust bedroht oder gar gestossen hatte, lässt sich nicht erhärten. Und gänzlich unklar bleibt, wer dem jungen Mann mit einem Fläschchen oder Glas die Schnittverletzungen an Kopf und Brust zufügte.

B.*, der zweite Angeklagte und alt Kantonalpräsident der rechten Pnos-Partei, war es jedenfalls nicht. Alle Zeugen stimmen darin überein, dass er zwar aggressiv aufgetreten ist, aber nicht aktiv geprügelt hat. Bähler spricht ihn deshalb in diesem Punkt frei ? ganz im Gegensatz zu A., dessen Handeln der Richter als Angriff wertet und mit 3 Wochen Gefängnis bedingt und 500 Franken Busse ahndet. Weitere 500 Franken muss A. dem jungen Mann als Genugtuung zahlen, obwohl er für die Verletzung nicht direkt verantwortlich gemacht werden kann. Er habe, so Bähler, mit seiner Drohgebärde die Stimmung aber aufgeheizt.

Die ominöse CD

Ungeschoren kommt B. trotzdem nicht davon. Denn der Reigen der sechs Zeugen macht eines klar: Der zweite Angeklagte hat einen auf der Terrasse anwesenden Politiker mit «Judensau» betitelt. Beschimpfung und Rassendiskriminierung sei das, erklärt Bähler und verhängt 1200 Franken Busse. Zumal B inzwischen nochmals gegen das Antirassismusgesetz verstossen hat: In seinem Dorf verteilte er an Jugendliche eine CD, deren Text, Cover und dazugehörende Internetseite laut Bähler an die Nazizeit mit ihrer rassistischen Ideologie anspielt.

Auch A. hat es seit der Solätte nicht lassen können. Er kassiert seine Strafe auch wegen eines Vorfalls am Bahnhof Burgdorf, bei dem sich Rechte und Linke mit Schotter bewarfen.