Schnelleres Handeln ist erwünscht
Der Burgdorfer Gemeinderat will erst im Spätherbst wieder über das Thema Rechtsextremismus informieren. «Man will den Wahlkampf nicht stören»,vermutet Jürg Wegmüller, Rektor des Gymnasiums.
*Astrid Tomczak-Plewka
«Ich will den Gemeinderat nicht rügen. Aber ich hätte sofort informiert.» Jürg Wegmüller, Rektor des Gymnasiums Burgdorf, braucht klare Worte: Dassder Gemeinderat erst nach den Herbstferien öffentlich über Verhütung von Gewalt informieren will, findet er ein bisschen spät, denn: «Ich sehe viel Angstund Verunsicherung.» Der Rektor spricht aus persönlicher Betroffenheit heraus: Einer seiner Schüler wurde an der Solätte von Skinheads zusammengeschlagen. Und eineSchülerin, die sich am Radio anonym zu den Vorfällen geäussert hat, wurde mehrmals am Telefon massiv bedroht. Doch damit nicht genug: EinBurgdorfer Gymnasiast soll an der Solätte als Mitläufer der Rechtsextremen identifiziert worden sein. Wegmüller will den Schüler aber deswegen nichtbrandmarken.
Demokratie lehren
Wegmüller hat also genug Gründe, besorgt zu sein. Deshalb hat er auch zu Beginn des neuen Schuljahres eine Informationskampagne für die 608Schülerinnen und Schüler lanciert. «Damit wollen wir eigentlich etwas ganz Selbstverständliches zeigen: In einer Demokratie kann man links, rechts oderin der politischen Mitte stehen, muss sich aber ganz klar gegen alle Gruppen abgrenzen, die ihre Ziele mit Gewalt durchsetzen wollen.» Obwohl sichWegmüller mit diesen Worten auch von Linksextremisten distanziert, macht er eines deutlich: «Die Bedrohung kommt von rechts.» Diejenigen, die an derSolätte Schlägereien angezettelt haben, konnten als Anhänger der rechtsextremen Szene identifiziert werden. Gegen zwölf der beteiligten Skinheads hat dieKantonspolizei mittlerweile Anzeige wegen Landfriedensbruchs erstattet (die BZberichtete).
Angst vor allem Fremden
Dass die Gewaltbereitschaft und die Offenheit für extremistisches Gedankengut zugenommen haben, ist für Wegmüller kein auf Burgdorf beschränktesProblem: «Ich orte die Wurzeln in der diffusen Atmosphäre, in der alles Fremde abgelehnt wird.» Wichtig sei es, in dieser Situation die «Bedingungen derDemokratie aufzeigen». Doch nicht nur das: «Man muss das Recht auch durchsetzen.» Was das konkret heisst? Die Polizei müsse eingreifen und dennötigen Schutz gewährleisten.
Ungestörter Wahlkampf
Wegmüller vermutet, dass der Gemeinderat politische Gründe dafür hat, erst nach den Herbstferien wieder öffentlich zu informieren: «Man will das Themavom Wahlkampf fernhalten», sagt er. «Doch vielleicht wird es damit erst recht zum Wahlkampf-Thema.»Im Gymer setzt man derweil weiterhin auf die öffentliche Diskussion: Auf Anregung des Schülerrats soll nächste Woche am Gymnasium einePodiumsdiskussion stattfinden. Die Referenten stehen noch nicht fest. *