300 Rechtsextreme trafen sich in der Nähe von Burgdorf zur grossen Party im Festzelt – nachdem sie bei der Stadt abgeblitzt waren
Zweimal versuchte ein Burgdorfer unter falschen Angaben, städtische Lokalitäten zu mieten. Weil er bei der Stadt abblitzte, liess er seine Party bei Rohrmoos in einem Festzelt steigen: 300 Neonazis trafen sich am Konzert der deutschen Band Oidoxie, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Christine Brand
«Es war ein supertoller Abend, und wir haben viele neue, sehr nette Kameraden kennen gelernt.» Oder: «Es war schon fast ein Forumstreffen.» Und: «Respekt, dass die Schweizer Kameraden trotz zwei abgesagten Hallen das alles in nur fünf Stunden auf die Beine gestellt haben – wie versprochen kommen wir dieses Jahr im Sommer noch mal wieder.» Es scheint, als hätten sich die Partygänger, die sich im Internet-Forum der deutschen Band Oidoxie zu Wort melden, am Samstagabend in Rohrmoos bei Burgdorf bestens amüsiert. Zwar schreiben sie im Forum, dass sie beim Anblick des Festzeltes zuerst doch eher erschüttert als begeistert gewesen seien: «Ein Festzelt mitten in den Bergen!» Und sie jammern, dass sie fast erfroren wären – wenn sie sich nicht im Hornusserhäuschen hätten aufwärmen können: «Die kleine Berghütte war sehr schön warm zwischendurch.» Auch erzählen sie von der verspäteten Anreise, weil der Schlagzeuger einer Band erst vier Stunden nach dem Abfahrtstermin aus der Haft entlassen worden war. Und vom Schweizer Bier, das gewöhnungsbedürftig gewesen sei. Im Grossen und Ganzen geben sich die Gäste aus Deutschland aber zufrieden: «War ein echt lustiger und feuchter Ausflug.» Sie berichten, wie sie vom Veranstalter vom Bahnhof Burgdorf zum Festzelt gelotst wurden. Und sie werden nicht müde, ebendiesem Veranstalter zu danken.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Der Veranstalter ist ein junger Burgdorfer, der im Oktober 2002 wegen Gewalttaten zu zwölf Monaten Gefängnis bedingt verurteilt worden war. Damals hatte er vor dem Richter beteuert, der rechtsextremen Szene nicht mehr anzugehören. Jetzt organisierte er die Party vom Samstag, bei der sich rund 300 Neonazis trafen, darunter zahlreiche Skinheads auch aus Deutschland. Die Party, an der die rechtsgerichteten Bands Breakdown, Blue Max und Indiziert auftraten und, eben, die Band Oidoxie, die sich als «weiss und rein» rühmt und gegen die die Dortmunder Staatsanwaltschaft ermittelt. Weil sie «im Verdacht steht, CDs und Videos u. a. mit volksverhetzendem Charakter und nationalsozialistischem Inhalt hergestellt und verbreitet zu haben», wie einer Pressemeldung der Dortmunder Polizei zu entnehmen ist.
Der Burgdorfer hatte die Hornusserhütte bei Rohrmoos für ein «Geburtstagsfest» gemietet und kurzerhand ein grosses Festzelt auf den Platz gestellt. Eine Notlösung: Bei der Stadt Burgdorf war er zuvor abgeblitzt, die Sägegass-Turnhalle, die er hatte mieten wollen, hat er plötzlich doch nicht bekommen.
«Raffiniert getarnt»
«Wir wurden von dieser Person angefragt, ob sie die Turnhalle für eine Disco-Party mieten könne», erzählt Burgdorfs Stadtpräsident Franz Haldimann. Es war nicht die erste Anfrage gewesen: Zuvor hatte der Burgdorfer im Gsteig-Schulhaus die Aula mieten wollen. «Dort sollte eine der Polizei bekannte Person einen Vortrag über Adolf Hitler halten», sagt Haldimann. Der Burgdorfer sei «raffiniert getarnt aufgetreten». Trotzdem sei man skeptisch geworden, habe gemerkt, dass es sich um rechtsextreme Veranstaltungen handeln könnte. «Ich habe mich dann mit ihm getroffen und ihm erklärt, dass für solche Veranstaltungen keine städtischen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden.»
Darum hat der Burgdorfer weitergesucht. Laut Haldimann hat er wiederum mit falschen Angaben schliesslich die Hornusserhütte und das Burgdorfer Pfadiheim als Übernachtungsstätte gemietet. «Als wir hörten, dass das Treffen in der Umgebung stattfindet, haben wir die Polizei orientiert», sagt Haldimann. Burgdorf habe Fasnacht gefeiert. Es sollte nicht zu Ausschreitungen kommen, wie dies 2000 nach der Solennität passiert war – worauf die Aktion Courage gegen Rechtsextremismus ins Leben gerufen wurde. Die Polizei war am Samstag denn auch vor Ort. «Wir haben die Personalien der Party-Teilnehmer aufgenommen», sagt Jürg Mosimann, Sprecher der Kantonspolizei. Auch seien sie nach rassistischem Material und Waffen durchsucht worden – es habe aber nichts strafrechtlich Relevantes gefunden werden können.
Vermieter kann verbieten
Damit sich der Vorfall in der Region Burgdorf nicht wiederholt, bittet der Gemeinderat «alle betroffenen Kreise (Wirte, Vereine, Verbände), bei der Vergabe von Lokalitäten bei raffiniert getarnten Anfragen besonders aufmerksam zu sein und bei geringstem Zweifel mit der Kantonspolizei oder den städtischen Behörden in Kontakt zu treten». Die Verantwortung für die Vermietung liegt laut Jürg Mosimann allein beim Vermieter. «Dieser kann den Mietern jedoch Auflagen machen, er kann verbieten, die Räumlichkeiten für politisch extremistische Veranstaltungen oder Zusammenkünfte zu benutzen.» Laut Mosimann besteht für Vermieter aus Datenschutzgründen hingegen keine Möglichkeit, bei der Polizei potenzielle Mieter prüfen zu lassen. «Gelangen aber Vermieter aufgrund eines Verdachts an die Kantonspolizei, prüfen wir, ob eine Gefährdungslage besteht.» Die Polizei könne allerdings nicht als Rausschmeisser bestellt werden, sobald jemand feststelle, dass sich das angekündigte Hochzeitsfest als Extremistentreffen entpuppe. «Denn solche Versammlungen sind grundsätzlich nicht verboten.» Die Polizei könne aber die zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit notwendigen Massnahmen treffen.