Tobias Hirschi Der Pnos-Politiker hat nicht gegen die Antirassismus-Strafnorm verstossen
Simon Schärer
Das Solothurner Obergericht hat den rechtsextremen Politiker Tobias Hirschi gestern erneut vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen. Offen ist, ob der Staatsanwalt den Entscheid ans Bundesgericht weiterzieht.
Der Langenthaler Stadtrat Tobias Hirschi hat nicht gegen die Antirassismus-Strafnorm verstossen. Das Solothurner Obergericht stützte gestern das Urteil des Richteramtes Solothurn-Lebern. Dieses hatte den Politiker der rechtsextremen Partei national orientierter Schweizer (Pnos) im November 2006 wegen Landfriedensbruch verurteilt, gleichzeitig aber vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen. Dieses Verdikt akzeptierte Oberstaatsanwalt Matthias Welter nicht und ging in Berufung.
Angefangen hatte alles am 1. Mai 2005. Hirschi nahm an einer Demo der rechtsextremen Kameradschaft «Helvetische Jugend» in Solothurn teil. Im Verlauf der unbewilligten Kundgebung kam es zu Ausschreitungen mit der Polizei, und Hirschi geriet politisch und medial unter Druck. So sah er sich genötigt, in der Parteizeitung eine «Rechtfertigung» zu publizieren.
Weltkugel und Davidstern
Abgedruckt wurde auch das Bild eines Transparentes mit dem Spruch «Wer regiert den Arbeiter?». Als bildliche Antwort ist daneben eine Weltkugel mit Davidstern zu sehen. Für die Staatsanwaltschaft stand fest, dass das Transparent auf eine «behauptete Geldgier der Juden» anspiele, wie dies auch die Nationalsozialisten behauptet hatten. Dies führe beim Betrachter unweigerlich zur Gedankenverbindung mit dem Dritten Reich und der nationalsozialistischen Ideologie und so zum Schluss, dass die dargestellten Juden so behandelt werden sollen, wie damals, also verfolgt und vernichtet. Tobias Hirschi habe die Aussage das Transparentes genau gekannt und damit in Kauf genommen, eine rassistische Ideologie zu verbreiten. Schliesslich hätte er auch andere Bilder zur Auswahl gehabt.
Auf die Frage, warum er sich gerade für dieses Motiv entschieden habe, antwortet Hirschi: «Auf allen anderen Fotos waren entweder ich selber oder Polizisten drauf.» Und Letzteren habe er nach dem aus seiner Sicht «übertriebenen» Einsatz keine zusätzliche «Plattform» bieten wollen.
Eventuell vor Bundesgericht
Wie bereits die erste Instanz sprach gestern auch das Obergericht Hirschi von diesem Vorwurf frei. Man könne nicht nachweisen, dass er zielgerichtet eine Ideologie habe verbreiten wollen, die auf eine systematische Herabsetzung oder Verleumdung einer Rasse, Ethnie oder Religion abziele. Ein solches «gezieltes Werben» sei aber nötig, um den Straftatbestand der Rassendiskriminierung zu erfüllen. Zudem sei «nicht ganz unplausibel», was Hirschi zur Bildwahl erklärt habe, sagte Richter Hans-Peter Marti.
Die Verurteilung wegen Landfriedensbruchs ist bereits rechtskräftig und stand nicht mehr zur Diskussion. Weil inzwischen das neue Strafrecht in Kraft getreten ist, musste aber das Strafmass neu beurteilt werden. Statt einer Busse von 500 Franken wurde der 23-Jährige zu einer bedingten Geldstrafe von 980 Franken mit einer Probezeit von zwei Jahren verurteilt.
Ob Welter das Urteil ans Bundesgericht weiterziehen wird, steht noch nicht fest. «Ich warte zuerst die schriftliche Urteilsbegründung ab.»
So oder so werden sich die Lausanner Richter mit einem Pnos-Exponenten beschäftigen müssen. Der Günsberger Gemeinderat Dominic Bannholzer hat seine Verurteilung wegen Rassendiskriminierung angefochten (vergleiche Artikel unten).
Bannholzer zieht Urteil weiter
«Solange die Sache nicht abgeschlossen ist, steht für mich gar nichts zur Diskussion», sagt der Günsberger Pnos-Gemeinderat Dominic Bannholzer. Zusammen mit dem gesamten Bundesvorstand der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) wurde er vom Bezirksamt Aarau verurteilt (wir berichteten). Das Parteiprogramm der Pnos verstosse gegen die Antirassismus-Strafnorm, so das Bezirksamt. Bannholzer hat das Urteil nun weitergezogen, was diesem vorderhand die Rechtskräftigkeit entzieht. Seine Tätigkeit als Gemeinderat sieht er auch aus diesem Grund nicht infrage gestellt. «Ich sehe keinen Anlass, warum ich zurücktreten sollte und spüre auch keinen Druck, dies zu tun», so Bannholzer auf Anfrage. Günsbergs Gemeindepräsident Andreas Eng kommentiert die Angelegenheit juristisch: «Es ist ja nicht so, dass die Pnos an sich verboten worden wäre. In einem solchen Fall sähe die Sache wahrscheinlich anders aus.» Eine rechtliche Grundlage für einen Ausschluss Bannholzers aus dem Gemeinderat gebe es nicht: «Dominic Bannholzer ist gewählter Gemeinderat von Günsberg. Wir können niemanden zum Rücktritt zwingen. Wenn schon, dann müsste der Rücktrittsdruck von den Wählern kommen», erklärt Andreas Eng.