Hunderte Rechtsradikale – grosses Polizeiaufgebot
Mehrere hundert Neonazis aus der Schweiz und Deutschland sind für ein Skinhead-Konzert nach Lotzwil bei Langenthal gereist. Bernische wie aargauische Polizei sowie der Inland-Geheimdienst waren gewarnt, sie filzten alle rigoros, fanden Waffen und wiesen bekannte deutsche Skins ausser Landes.
rudolf gafner
Im Wahlkampf geben sie sich als nette Jungs von nebenan, in Pressecommuniqués verbitten sie sich jeden Vergleich mit Nazis, und jüngst haben sie ihr Parteiprogramm entnazifiziert, Begriffe wie «Rasse» getilgt, um breiterem Publikum gefallen zu können – die «eidgenössischen Sozialisten» und ihre «Partei National Orientierter Schweizer» (Pnos), gegründet 2001, im Kanton Bern primär im Oberaargau aktiv. Die Wirklichkeit hinter der Fassade der ersten rechtsextremen Schweizer Parteigründung seit 1945 sieht allerdings weit weniger bürgerlich aus – dies hat das vergangene Wochenende wieder einmal gezeigt.
Die Spuren führen nach Roggwil
Für Samstag war im Internet zu einem Konzert («Helvetien rockt») mit einschlägig bekannten rechtsextremistischen Bands aufgerufen worden – und zwar via Homepage von HRD-Records in Roggwil, dem Label, das die Roggwiler Skin-Band Indiziert produziert. Sänger von Indiziert, deren Roggwiler Lokal auch schon eine Staatsschutz-Razzia wert war, ist Dominic Lüthard – der auch als Pnos-Frontmann tätig ist, als solcher indes in blütenweissem Polohemd, nicht in Skinhead-Bomberjacke. Lüthard war Pnos-Kandidat für die Grossratswahlen im April, und aktuell kandidiert er für den Roggwiler Gemeinderat.
Wo das Konzert stattfinden sollte, war zunächst geheim. Anreisende sollten erst im letzten Moment via eine Kontaktnummer erfahren, wohin es gehe. Auch beim Telefon-Schleusen zum Veranstaltungsort weisen Indizien auf die Roggwiler Kapelle und ihr Pnos-Umfeld hin: Laut Berner Antifa-Rechercheuren gehört die Nummer dem Bassisten von Indiziert. Für eine Stellung-nahme war Pnos-Chef Lüthard gestern nicht erreichbar.
Zuerst in Rothrist kontrolliert . . .
Anlaufort, an welchen die Anreisenden am Samstagnachmittag gelotst wurden, war das Areal einer Möbelfirma in Rothrist AG. Doch die aargauische Polizei war gerüstet und nahm die Menge mit einer Grosskontrolle in Empfang: Rund 100 Personen, unter ihnen 40 aus dem nahen Ausland, wurden kontrolliert, dabei wurden Waffen wie Springmesser, Schlagstöcke und Baseballschläger sowie 70 Musik-CDs konfisziert. Via Telefon wurde die Menge alsdann von Rothrist in den bernischen Oberaargau weitergeschleust, und zwar in eine Waldhütte nahe Lotzwil bei Langenthal, wo das Konzert stattfinden würde. Die «Burgerhütte» hatten sich die Veranstalter offenbar trickreich erschlichen, wurde doch der Lotzwiler Gemeinderat Urs Ehrsam in der «SonntagsZeitung» dahingehend zitiert, dass die Hütte nur für kleine Geburtstagsfeste vergeben werde.
. . . dann bei Lotzwil erneut gefilzt
Auch bei Lotzwil wurden die Anreisenden von der Polizei empfangen: An einem Kontrollposten im Wald wurden Personen und Autos samt und sonders gefilzt. Widerhandlungen gegen die Waffengesetzgebung wurden diesmal nicht festgestellt, auch nicht Verstösse gegen den Antirassismus-Artikel. Hingegen waren in Langenthal bereits am Freitag erste Polizeiaktionen im Zusammenhang mit dem Nazi-Treffen erfolgt. Dabei wurden sechs Personen, die der deutschen Szene zugeordnet werden, verhaftet und noch am Freitag den deutschen Behörden übergeben, nachdem der Schweizer Inland-Nachrichtendienst DAP temporäre Einreisesperren verhängt hatte. Vier deutsche Skinheads, die trotz vorgängig verfügter vorübergehender Einreisesperre am Samstag über Liechtenstein anreisten, wurden ebenfalls