Judith Stamm von der Gemeinnützigen Gesellschaft, die die Feier auf dem Rütli organisierte, zeigte sich mit deren Ablauf zufrieden. Das Ziel, dass der Festredner ungestört sagen könne, was er denke, sei erreicht worden, sagte sie. Die Rechtsextremen hätten dieses Jahr die Bundesfeier nicht für sich vereinnahmen können. Stamm erklärte, die verschärften Sicherheitsmassnahmen hätten niemandem besonders gefallen. Nach den letztjährigen Vorkommnissen habe es aber keine andere Möglichkeit gegeben, um eine würdige Feier mit Publikum durchführen zu können.
Bei der Rütli-Feier 2005 hatten mehrere hundert Rechtsextreme die Ansprache von Bundesrat Samuel Schmid unterbrochen. Die Gemeinnützige Gesellschaft beschloss darauf, ein Ticketsystem einzuführen.
Ein Dutzend schaffte es aufs Rütli
Wer an der Feier auf der Rütliwiese beiwohnen wollte, hatte sich im Vorfeld eines der 2000 Tickets beschaffen müssen. Brunnen im Kanton Schwyz, von wo aus die Besucher per Schiff aufs Rütli gelangen, wurde von der Polizei abgeriegelt. Wer von der Polizei als potenzieller Störenfried eingestuft wurde, durfte das Dorf nicht betreten. Zutritt zum Rütli hatte nur, wer ein Ticket vorweisen konnte.
In Brunnen wurde gegen 120 linke und rechte Personen eine Rückweisung verfügt, davon wurden 40 Personen festgenommen. Bei Seelisberg im Kanton Uri in der Nähe des Rütli wurden 27 Personen gestoppt. Ein Teil der Zurückgewiesenen verfügte über ein Rütli-Ticket. Rund ein Dutzend Rechtsextreme gelangte bis aufs Rütli; sie konnten von der Polizei vor Beginn der Feier weggewiesen werden.
Der Luzerner Polizeikommandant Beat Hensler, der den Einsatz koordinierte, sprach von einem wichtigen und schwierigen Einsatz. Mit dem Polizeieinsatz am World Economic Forum (WEF) in Davos könne er aber nicht verglichen werden. Ebenfalls nur lobende Worte für den Polizeieinsatz hatte der Gemeindepräsident von Brunnen, Urs Koller, übrig.
Die Rede seines Lebens
Auch der Festredner Markus Rauh zeigte sich mit der Feier zufrieden. Er freue sich, dass er bei der ersten 1.-August-Ansprache seines Lebens nicht gestört worden sei, sondern sogar noch Applaus erhalten habe, sagte Rauh. Dass der ehemalige Verwaltungsratspräsident der Swisscom die Rede auf dem Rütli halten durfte, war im Vorfeld auf Kritik gestossen. Denn Rauh engagiert sich gegen die geplante Verschärfung des Asylrechts. An der Bundesfeier auf dem Rütli hat der 67-Jährige sein Nein zur Verschärfung des Asylgesetzes bekräftigt. Mit Blick auf die anstehende Abstimmung über die Revision des Asylgesetzes am 24. September sagte der Wirtschaftsmann: Es sei keine Heldentat, auf die Schwächsten loszugehen. «Missbrauch darf nicht mit staatlicher Willkür bekämpft werden.»
Rauh rief seine Landsleute dazu auf, die Herausforderungen der Zeit mutig anzupacken, bevor es zu spät sei. Das Land müsse aber seinen humanitären Grundwerten verpflichtet bleiben. Die Schweiz sei wohlberaten, ihre pragmatische Politik des Machbaren ohne spektakuläre Veränderungen fortzuführen. Er forderte, «die gefährliche Ausdünnung der staatstragenden Mitte» zu stoppen.
Langfristig in die EU
Für Rauh gehört die Schweiz langfristig in die EU. Brüssel werde die Rosinenpickerei allzu lange nicht tolerieren. Je länger die Schweiz zuwarte, desto schwächer werde ihre Position – bis sie bittstellend anklopfen müsse.
Eine grosse Herausforderung für die Schweiz ist laut Rauh der Geburtenrückgang. Die Schweiz sei auf dem Weg zum «demographischen Selbstmord». Er forderte eine Abschaffung des starren Pensionsalters und eine aktive und attraktive Migrationspolitik. Einen Durchbruch braucht es laut Rauh auch in der Energiepolitik. Sein Rezept lautet hier: die optimale Nutzung alternativer Energien und der Bau neuer AKWs.