Die Abstimmungskampagne für die «demokratische Einbürgerungsinitiative» übertrifft bezüglich politischer Unkultur alles, was unser Land bis anhin je erleben musste. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Inhalt und Wirkung des vorgeschlagenen Verfassungstextes einerseits und der in einer Plakat- und Inseratelawine mit gierig nach dem Schweizer Pass greifenden Händen und Kriminellen anderseits.
Das SVP-Begehren für einen neuen Verfassungszusatz steht im flagranten Widerspruch zu bereits bestehenden Verfassungsartikeln, vor allem dem zwingenden und in einem demokratischen Rechtsstaat unverzichtbaren Verbot der Diskriminierung und dem Gebot der Gleichbehandlung.
Die Inhalte der Propagandawalze der SVP sind irreführend, aus dem Zusammenhang gerissen, verlogen und wahrheitswidrig, hetzerisch und rassistisch.
Das wissen die professionellen Propagandisten der SVP und der AUNS ? Klüngel mit deren rechtsextrem und völkisch anmutenden, zweifelhaften Postille «Schweizerzeit» aus dem Hause des abgewählten Nationalrates Ulrich Schlüer wohl selbst genau; das nachplappernde Parteifussvolk möglicherweise aber nicht, nach dem Motto, «SVP-Führer, wir folgen euch». Mit Schlagworten wie Masseneinbürgerungen, Ausländerkriminalität, Jugendgewalt, aus dem Zusammenhang gerissenen oder verfälschten Statistiken, weinerlichen Komplott-Vorwürfen gegen die Abwahl des «Patriarchen» Blocher, rüpelhaften Abqualifizierungen des politischen Gegners, Bettler- und Geheim- Einbürgerungsvorwürfen, Wortbruch der übelsten Art. Einen der Höhepunkte der Demagogie bildet zweifelsfrei der Inhalt allgemein, die Karikatur auf der Titelseite von «Schweizerzeit» vom 2. Mai im Besonderen, die in einer Grossauflage von 430 000 Exemplaren in die Briefkästen der Schweiz gesteckt wurde. Da fordert ein als Moslem gekleideter Mann die Einbürgerung seiner vier Frauen, 36 Kinder, 16 Grossmütter sieben Grossväter und 128 Enkel und Nichten. Eine Karikatur darf vieles, primitiv sollte sie aber nicht sein.
Noch nie in der Schweizer Politik wurde mit einer dermassen verlogenen aus dem Zusammenhang gerissenen Polemik mit einzelnen Problemfällen um die Stimme des Volkes geworben, um die drohende Niederlage an der Urne doch noch zu vermeiden. Die missglückte Einbürgerung des Schwiegersohnes von Christoph Blocher, Roberto Martullo, ging dabei als Negativbeispiel für unwürdige Bürgerrechtsbewerber offenbar vergessen. Der Pleitier hatte nämlich Steuer- und Gerichtsschulden, so dass die Behörden den Einbürgerungsversuch im Jahre 2004 abweisen mussten (Quelle Unia 22. Mai 2008).
Die Initianten der SVP werden nicht müde, die Unbestechlichkeit und politisch-demokratische Klugheit der Stimmbürger bei der Ausübung ihrer Rechte als Tugend zu betonen. Das Stimmvolk wird dies zweifelsfrei durch wuchtige Ablehnung der Einbürgerungsvorlage, und damit auch seine politische Reife, unter Beweis stellen.
Der Stimmbürger wird sich fragen müssen, warum denn bei der SVP-Initiative so viel gelogen, verdreht und Demagogie getrieben werden muss. Wer so viel lügt, hat etwas zu verstecken. Tatsache ist es doch, dass es bloss noch um Machtgehabe eines alles anderen als demokratisch sich gebärdenden Parteipolit-Apparates geht, dem jedes politische Anstandsgefühl offensichtlich abhanden gekommen ist. Dem Stimmbürger sicher nicht, darum wird er ein Nein in die Urne legen.