STADTRAT / SP und Grüne haben gestern Abend eine von Rechtsbürgerlichen und Rechtsaussen unterstützte Motion abgelehnt, mit welcher die CVP verlangte, «linksextreme Aktivitäten» in der Reitschule auf dem Reglementsweg zu stoppen.
rg. «Es ist skandalös, wenn Menschen, die Gewalt anwenden oder diese zumindest fördern, die städtisch subventionierte Reitschule als Infrastruktur nutzen können», sagte Motionär Daniel Kast (cvp) und hatte vorab die linksautonome Antifa im Visier, von der «immer wieder Gewaltanwendungen ausgehen», so letztmals im März am «3. Antifaschistischen Abendspaziergang» mit Sprayereien. Die Stadt als Besitzerin der Reitschule «unterstützt indirekt Gewaltanwendungen», wenn sie «Organisationen oder Auftritte» dulde, von denen bzw. an denen «Gewalt propagiert» werde, wie Antifa es tue. Kast forderte die Stadt auf, ein Benutzungsreglement zu erlassen, um «linksextreme Aktivitäten» in der Reitschule zu stoppen, und er beteuerte vor dem links dominierten Berner Parlament: «Ich würde mich auch dann wehren, wenn eine städtische Liegenschaft von Rechtsextremen genutzt würde.» So seis, fand auch Thomas Weil (svp): «Wenn Skinheads Hitlers Geburtstag feiern würden, nähme man ja auch Anstoss» und in der Tat gingen vom alternativen Kultur- und Begegnungszentrum Reitschule mitunter «ganz klar subversive und anti-rechtsstaatliche Aktivitäten» aus. Diesen Kräften komme zugute, dass die demokratischen und rechtsstaatlichen Instanzen «sehr gutmütig» seien.
«…wie in der früheren DDR»
Schweizer Demokrat Dieter Beyeler verlangte, die Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule (Ikur) müsse sich klar von der Antifa distanzieren und Philippe Müller (fdp) fand, imGrund spreche doch nichts dagegen, die Nichttolerierung linksextremistischer Aktivitäten in einer Vereinbarung festzuhalten, wie Kast dies fordere, denn: «Wenn diese Bewegung so gewaltfrei ist, wie sie sagt, sollte sie eigentlich nichts dagegen haben, dass man dies aufnimmt.»
«Wollt ihr eine Zensurbehörde Reitschule einsetzen? Eine politische Polizei für die Reitschule?» fragte der GFL-Grüne Peter Künzler die Bürgerlichen und Rechten im Rat und betonte, Kasts Forderung sei «überflüssig». Die Grundrechte dürften nicht tangiert werden, die Meinungsfreiheit sei ein hohes Gut, und gegen deren Missbrauch gebe es ja Strafgesetze. So sieht es auch Jungsozialist Christian Michel, der fand, Kasts Forderung «kommt einer Zensur und Einschränkung gleich, wie sie in der früheren DDR gang und gäbe waren» und auch Erik Mozsa von der linksgrünen Jungen Alternative sprach von «massiven Eingriffen in Grundrechte» und drohender «Gesinnungsschnüffelei».
Antifa und Aprikosenbauern
«Ich will hier keine ideologische Diskussion führen», erklärte die (linksgrüne) Gemeinderätin Therese Frösch. Berns Stadtregierung sehe keine Notwendigkeit für ein Benutzungsreglement im Sinne Kasts. Dem Gemeinderat stehe es im Übrigen nicht zu, Aktivitäten in der Reitschule «zu kanalisieren oder gar einzelne Anlässe aus politischen Gründen zu unterbinden», solange nicht Rechtsnormen verletzt würden. «Kasts Weg ist sicher der falsche», so Frösch. Hingegen sei es nun Zeit, dass die Stadt mit der Ikur einen neuen Gebrauchsleihvertrag aushandle, der denjenigen von 1987 ablöse.
Frösch konterkarierte die Forderung, dass die Reitschule Extremisten ausschliessen müsse, mit der Frage an die Bürgerlichen und Rechten, ob sie denn umgekehrt an einer Diskussionsveranstaltung etwa «einen Walliser Aprikosenbauern» vomGespräch ausschliessen würden, «weil er an der Bauerndemo gewalttätig wurde». Der Rat lehnte Kasts Motion mit 42 gegen 21 Stimmen bei drei Enthaltungen ab. Das Thema ist damit jedoch nicht erledigt, denn hängig sind weitere Vorstösse von SVP und SD. Und: Polizeidirektor Kurt Wasserfallen (fdp) will sich imGemeinderat dafür einsetzen, die Reitschule an die Kandare zu nehmen.