andreas tschopp
Im Frühjahr 2006 wars, als das Schweizer Grenzwachtkorps im Baselbiet einen grossen «Fang» machte: Die Grenzwächter stoppten einen Wagen, in welchem nicht weniger als 493 Bücher mit dem Titel «Evolution und Wissen ? Neuordnung der Politik» transportiert wurden. Die Einfuhr dieser Werke, in welchen ein gewisser Herbert Schweiger seine «Grundsätze einer nationalen Weltanschauung und Politik» ausbreitet, in die Schweiz führte den Transporteur gestern nun vor die Schranken des Bezirksgerichts Aarau. Dieses hatte über versuchte Rassendiskriminierung durch die öffentliche Verbreitung entsprechender Ideologien zu urteilen.
Gerichtspräsident Thomas Müller fragte den Angeklagten, der aus dem Fricktal stammt und nach einer Anstellung in Gränichen nun als Bauleiter in Basel arbeitet, zuerst nach dem Grund für die (heimliche) Einfuhr aus Frankreich einer solchen Vielzahl an Büchern des heute 83-jährigen Autors aus Österreich, der sich 1941 als 17-Jähriger freiwillig zur Waffen-SS gemeldet hatte. Er finde das Werk Schweigers, das in Deutschland und Österreich verboten ist, «persönlich gut» und habe die Bücher, die vorher in Spanien gelagert waren, «vor der Vernichtung retten» und zu Hause ins Regal stellen wollen, meinte der Beschuldigte. Er betonte auf Nachfrage Müllers, dass er nicht mehr Präsident der Partei national orientierter Schweizer ( Pnos ) sei. Als solcher war der heute 27-Jährige zusammen mit vier weiteren Vorstandsmitgliedern wegen «kollektiver Schmähung der Ausländer» vom Bezirksamt Aarau im Sommer 2005 bereits gebüsst worden (die AZ berichtete). Gegen den neuen Strafbefehl für eine Busse von 1000 Franken vom November 2006 wehrte er sich nun vor Gericht, verteidigt von einem Berner Anwalt.
Wie der Verteidiger betonte, sei «keine Verteilaktion» der Bücher geplant gewesen und es seien auch keine Abnehmer für diese bekannt. Es könne daher von einer Tatabsicht «keine Rede sein». Die blosse Einführung von «Propagandamaterial» vermöge den Tatbestand der versuchten Rassendiskriminierung also nicht zu erfüllen, meinte der Anwalt. Dieser bezeichnete das inkriminierte Buch, das bei Richter Müller auf dem Pult lag, als «fragwürdig» und den Inhalt der «pseudowissenschaftlichen Abhandlung» als «langweilig». Dennoch bemühte sich der Verteidiger auch um eine inhaltliche Widerlegung der, wie er sagte, «willkürlich aus dem Kontext gerissenen Textpassagen» ? allerdings vergeblich. Einzelrichter Thomas Müller sah eine «gravierende Verletzung» der Antirassismusbestimmungen gegeben und verurteilte den Beschuldigten zusätzlich zur beantragten Busse zu 20 Tagesansätzen à 100 Franken bedingt. Die bedingte Vorstrafe von 8 Monaten widerrief Müller nicht, sondern liess es bei einer Ermahnung. Die beschlagnahmten Bücher werden vernichtet.