«Die Hungerlöhne abschaffen»

Landbote

Die Gewerkschafter haben am Tag der Arbeit überall im Land kämpferische Töne angeschlagen. Vor allem gegen Manager und Steuerhinterzieher wurde scharf geschossen.

bern ? Der Kampf für faire Mindestlöhne und ein flexibles Rentenalter ist im Zentrum der diesjährigen 1.-Mai-Feiern gestanden. Schweizweit feierten mehrere Zehntausend Menschen den Tag der Arbeit unter dem Motto «Sozialer Fortschritt ? jetzt». Bei vielen Rednerinnen und Rednern stand erneut die Lohnschere zwischen Normalbürgern und den Teppichetagen in den Unternehmen im Kreuzfeuer der Kritik. Verlangt wurden faire Mindestlöhne, die nicht unter 3500 Franken liegen sowie keine Stundenlöhne unter 20 Franken.

Paul Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB), forderte in Basel als Konsequenz aus der UBS-Krise konkrete und wirksame Massnahmen gegen Lohnexzesse. Dabei kritisierte der St. Galler SP-Nationalrat auch Finanzminister Hans-Rudolf Merz, der statt Massnahmen gegen die Missbräuche weitere Steuervorteile für Optionen und Boni der Manager wolle. «Mit einer derartigen Steuerpolitik ist Herr Merz selber zum Systemrisiko geworden», sagte Rechsteiner.

Unia-Vertreter feierten an verschiedenen Orten den erkämpften Landesmantelvertrag im Bauhauptgewerbe und den Streik bei SBB Cargo in Bellinzona als gewerkschaftliche Grosserfolge. In Bellinzona selbst, wo sich rund 4000 Personen vor den SBB-Industriewerkstätten versammelten, gratulierte Unia-Sekretär Vasco Pedrina den Cargo-Mitarbeitern für ihren Mut: «Ihr habt gezeigt, wie man die aktuelle wirtschaftliche und politische Realität ändern und für die Arbeitnehmenden eine echte Perspektive aufbauen kann.» Streikführer Gianni Frizzo leitete den anschliessenden Umzug. SEV-Präsident Pierre-Alain Gentil hatte das Recht auf Streik bereits am Vorabend in Delsberg mit dem Recht auf freie Meinungsäusserung verglichen: «Wenn man sich dessen nicht bedient, rostet es ein.»

Auch der Berner SP-Stadtpräsident Alexander Tschäppät verteidigte die Streikmassnahmen. Es sei kein Zufall, dass der Arbeitskampf härter geworden sei, sagte er in Bern und verlangte von den politischen Kräften, sich nicht aus der Verantwortung zu stehlen. Seine Rede wurde vom schwarzen Block durch Pfiffe, Parolen und Wasserballons gestört. VPOD-Präsidentin Christine Goll plädierte für ein Nein gegen den Gesundheitsartikel und gegen die SVP-Einbürgerungsinitiative bei der Abstimmung vom 1. Juni.

Ospel, Mcdonald?s und Rechtsextreme

Markige Worte fand Renzo Ambrosetti, Kopräsident der Gewerkschaft Unia, bei seiner Rede in Bischofszell: Es sei der Gipfel der Frechheit, dass Marcel Ospel in den vergangenen Jahren mehr als 100 Millionen kassiert habe ? während für die Folgen seiner unverantwortlichen Schlampereien nun das Bankpersonal mit Entlassungen bezahlen müsse.

Randale in Lausanne

In Lausanne kam es nach einer friedlichen Kundgebung zu Ausschreitungen. Bei einer Filiale von McDonald?s im Stadtzentrum wurden Scheiben eingeschlagen und Mobiliar beschädigt. Das Restaurant wurde nach dem Angriff evakuiert. In Teilen der City kam es in der Folge zu Zusammenstössen zwischen Demonstranten und der Polizei.

Konfrontation verhindert

In Freiburg versammelten sich rund 60 Mitglieder der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) am Nachmittag zu einer Kundgebung. Die Polizei konnte eine Konfrontation mit den Teilnehmern der eigentlichen 1.-Mai-Veranstaltung verhindern. Die Pnos-Kundgebung in der Stadt war mit Auflagen bewilligt worden.